Wie die größte Wohltäterin der Stadt ein Vermögen vermachte, von dem bedürftige Wilsteraner noch heute profitieren.
Volker Mehmel WILSTER
An Weihnachten wird Charlotte Doos wohl nicht gedacht haben, als sie im Sommer 1829 im Alter von 70 Jahren starb. Dennoch hat die gebürtige Glückstädterin der Stadt und ihren Einwohnern das wohl größte Geschenk in der langen Geschichte von Wilster vermacht. Per Testament verfügte sie nicht nur, dass ihr herrschaftliches Bürgerhaus ins Eigentum der Stadt überging. Sie sorgte auch dafür, dass mit einem großen Teil ihres Vermögens bedürftige Witwen ein Dach über den Kopf bekamen. Von dieser Wohltat profitieren Wohnungsmieter noch heute.
Als Vermieter agiert die Vereinigte Doos-, Eggers- und Stegemannsche Stiftung“. Seit 1994 ist der langjährige Ratsherr Helmut Jacobs dort Vorsitzender. In diesem Jahr wurde er erneut im Amt bestätigt. Weitere Vorstandsmitglieder sind Bürgermeister Walter Schulz sowie Mark Dethlefs, Bernd Hannemann und Kurz Ahmling. Sie kümmern sich um ein Erbe, das nicht nur die in ihrer Zeit steinreiche Charlotte Doos hinterlassen hat.
36 000 Mark (nach heutigem Wert fast 400 000 Euro) hatte die Etatsrätin allein für die Unterbringung armer Witwen hinterlassen. Das Armenhaus wurde innerhalb von drei Jahren realisiert. Aber nicht nur Charlotte Doos dachte an ihre bedürftigen Mitbürger. 1895 rief Familie Stegemann eine Stiftung ins Leben und stellte dafür Haus und Kapital zur Verfügung. Es sollte damit für alte, gebrechliche und mittellose Wilsteraner beiderlei Geschlechts gesorgt werden. 1906 vermachte der 1917 verstorbene Rentner Johann Eggers ebenfalls sein Vermögen für den guten Zweck. Inflation (1923) und Währungsreform (1948) ließen die drei Stiftungsvermögen allerdings spürbar schrumpfen. Vor 58 Jahren wurden daher alle drei Stiftungskapitalien und Vermögenswerte unter einem Dach vereinigt. Hinzu kam noch die Kühlsche Armenstiftung, die eine Baracke in der Rumflether Straße einbrachte.
Mit den Jahrzehnten hatte allerdings der Zahn der Zeit an den Stiftungsimmobilien genagt. 1969 wurde ein Neubau in der Rathausstraße 26 in Auftrag gegeben, der 1972 eingeweiht wurde.
Heute werden die acht Wohnungen dort frei vermietet, aber noch immer unter sehr günstigen Bedingungen. Die Miete für die jeweils rund 50 Quadratmeter in gutem Standard liegt bei rund 200 Euro. Hinzu kommen 40 Euro an Nebenkosten. „Es gibt auch einen Hausmeister und auch das Treppenhaus wird gereinigt. Das zahlt alles die Stiftung“, listet Stiftungsvorsteher Helmut Jacobs die immer noch nachwirkenden Segnungen aus dem Hause Doos auf.
Die damalige Zielgruppe gibt es so zwar nicht mehr. Bevorzugt werden aber nach wie vor ältere alleinstehende Damen mit geringem Einkommen. Überschüsse aus den Mieteinnahmen werden in Reparaturen gesteckt. Ein kleiner Teil kommt noch immer direkt bedürftigen Mieterinnen zugute – ganz im Sinne von Charlotte Doos.
Für Helmut Jacobs ist die Vereinigte Stiftung ein gutes Beispiel dafür, wie Menschen ihr zu Lebzeiten erworbenes Vermögen der Nachwelt in ihrer Heimatregion zugute kommen lassen können. „Es gibt immer wieder Menschen, die möchten, dass ihr Name weiterlebt.“ Das allerdings müsse notariell und testamentarisch verfügt werden. Jederzeit möglich seien Spenden an die Stiftung. „Wir stellen dafür gern Spendenbescheinigungen aus.“