Im Jahre 1713 zog zum für lange Zeit letztenmal ein feindliches Heer brandschatzend durch die Elbmarschen. Es sollte genau ein Jahrhundert dauern, bis sich im Jahre 1813 wieder feindliche Truppen dort einfinden sollten. Genau 100 Jahre genossen die Marschen wie auch das gesamte Land „die Ruhe des Nordens“, wie sich ein zeitgenössischer Staatsmann ausgedrückt hat, einen Frieden, der eine der schönsten Epochen einschloss, welche Schleswig-Holstein, und mit ihm die Elbmarschen, erlebt hat. Es war eine lange Friedenszeit, in der, durch sich verbessernde Technik gestützt, die Marschen sich in ihrer ganzen außerordentlichen Fruchtbarkeit entfalten konnten. D. Detlefsen drückt sich über diese Zeit folgend aus: „Von nun an begann eine Friedenszeit, wie für ganz Dänemark, so auch für die Marschen. Gerade 100 Jahre lang sah man seitdem keinen Feind mehr im Lande, und wenn nicht die schrecklichen Verheerungen der Wasserfluten und der Viehseuchen wiederholt mannigfaches Elend über das Land gebracht hätten, so wäre keine günstigere Zeit für das Aufblühen desselben denkbar gewesen.“401) Und weiter : „Die weltgeschichtlichen Ereignisse dieser Zeit auch nur zu berühren, wird zum Verständnis der Entwicklung unserer Marschen überflüssig sein, dieselbe bewegt sich in abgeschlossenen stillen Kreisen“.402) „Vier Könige sah das Jahrhundert, die sich in regelmäßiger Erbfolge ablösten, Friedrich IV. (1699-1730), Christian VI. (1730-1746), Friedrich V. (1746-1766) und Christian VII. (1766-1808), für den jedoch sein Sohn und Nachfolger Friedrich VI. bereits seit 1784 die Regierung führte.“403) Gesamtgeschichtliches interessierte Dethlefsen von diesem Zeitpunkt an nur noch am Rande, er zieht sich ins Lokale zurück, kann es in gewisser Hinsicht auch.
„Sonsten ernehren sie sich“, so berichtet Pastor Saucke aus Herzhorn Anfang des 18. Jahrhunderts in seiner „Herzhorner Chronik“,404) „von Ackerbau, Viehzucht und mit Ocksen, Pferden und Korn treiben sie einen großen Handel auf Hamburg, Hollandt und anderen Öhrtern. Dannhere finden sich unter ihnen viel begüterte Leute, auch sehr vile höfliche, und ist unter den Marsch- und Geestleuten ein sehr großer Unterschied. Sie halten auch fleißig ihre Kinder zur Schulen und sparen an guter Ausbildung nichts.“ So konnte ein Begleiter des Königs, als dieser 1702 die Elbmarschen bereiste, dieselben das „Land der Verheißung“ nennen, das „im Überfluß schwamm“.405)
Doch bevor sich die Fruchtbarkeit der Marschen voll auszahlen konnte, bedurfte es erheblicher Anstrengungen der Bewohner. Zunächst jedenfalls gab es auch nach Ende der Kriegsnöte noch eine Reihe von Heimsuchungen. Freilich die Beulenpest, diese Geißel der Menschheit durch die Jahrhunderte, erreichte die Marschen nur noch einmal im Jahre 1712, wobei sich die öffentliche Hand, Regierung und kommunales Regiment, der Situation in weit größerem Ausmaße gewachsen zeigte, als es in früheren Zeiten der Fall gewesen sein konnte. Im Jahre 1714 grassierte dann eine verheerende Rinderpest in den Marschen.406) Am Ende dieser Kette von Schicksalsschlägen kam dann das Meer und zwar gerade auch in die Wilstermarsch und hier in einem seit 1634 nicht mehr gekannten Ausmaße, so dass der Wilsteraner Diakonus Gregorius Culemann „Das mit dreyen Fortsetzungen vermehrte Denk-Mahl von den hohen Wasser-Fluthen wie selbige insoderheit in der Wilstermarsch eingebrochen und in den Jahren von 1717 bis 1725 inclusive in derselben unbeschreiblichen Schaden und excessive Teichkosten verursacht“ im Jahre 1728 niederschrieb.407) Er verfasste seinen Bericht als einer, der diese Wasserfluten selber miterlitten hatte, auch in seiner Stellung vieles besonders aus dem weiten Kirchspiel Wilster in Erfahrung bringen konnte, auch, um der Erkenntnis zu dienen, dass bei allem „Allmacht und Barmherzigkeit, denn auch väterliche Vorsorge Gottes des Allerhöchsten“ zugegen gewesen sei; das wollte er „desto besser und deutlicher vor die Augen gemalet“ wissen.408) Für uns hier hat sein lebendiger Bericht natürlich als Quelle größten Wert. „Es ist wohl der anschaulichste Bericht über die Not der Überflutungen, den nächst Heimreich unsere Westküste aufzuweisen hat“.409)
Es handelte sich dabei um insgesamt drei verheerende Fluten; erstens die „Weihnachtsflut“ 1717 („Die Erste Fluth geschah im Jahre 1717 den 25. Dezember – und kann dieselbige wohl und mit Recht genennet werden die Weynachts-Fluth“), die „Eisfluth“ am 25./26. Februar 1718 („Diese wird von den Einwohnern genennet die Eisfluth, weil die Elbe und das Land noch voll Eis waren, welches --- die Teiche erbärmlich und fast gantz und gar zernichtete“) und die „Neujahrsflut“ 1720/21.410) Entscheidend für das Ausmaß der Schäden und den Überraschungseffekt bei den Fluten war die Tatsache, dass die Überschwemmungen von hinten herum kamen. Es brachen wohl auch an zahlreichen Stellen die Deiche; entscheidend jedoch wurde, dass der Hochmoorwall im Rücken nicht mehr hielt. In dieses Hochmoorgebiet im Norden und vor allem auch nach Westen zu hatten sich seit dem 16. Jahrhundert, wohl auch schon seit dem 15., die Menschen landnehmend und kultivierend immer weiter vorgeschoben, „mit dem 16. Jahrhundert“ also „ein bedeutendes kulturelles Werk in Angriff“ nehmend, wobei allerdings die „schützende Hochmoorwand zu Süden und Osten des Kudensees weithin weggeräumt war.“411) „Bereits bei der Flut 1634 wurden hier große Verheerungen angerichtet. Es kamen dann die verderblichen Fluten von 1717 bis 1721. Gleich die erste brach durch die schmale Moorwand in das Ecklaker Gebiet, ungeheure Zerstörungen hervorrufend, deren Spuren noch dort vorhanden sind.“412) Nun traf man entschlossen Gegenmaßnahmen, nachdem die Gefahr erkannt worden war. Doch scheiterte immer wieder die Schließung des Deichbandes zwischen Wilstermarsch und Süder Dithmarschen. Verbote wurden erlassen, dass Moorbauern sich „hinfüro unterstehen sollten, den Moor durchzukleien oder Torf daraus zu graben“.413) Es hat jahrzehntelange Bemühungen gekostet, bis die Marsch im Rücken voll abgesichert war. Erst 1763 konnte der Elbdeich zwischen Büttel und Brunsbüttel wieder voll hergerichtet werden.
Die Deiche wurden immer höher in diesem Jahrhundert. Es gab wohl noch immer wieder Deichbrüche, so am 11.9.1751, im Oktober 1756, im März 1791, zuletzt im Februar 1825.415) Aber diese entschlossene Erhöhung trug Früchte. „Die Höhe der Elbdeiche betrug bis zu den großen Fluten des 18. Jahrhunderts im Allgemeinen nur 12 Fuß über gewöhnlicher Fluthöhe. Im Jahre 1721 wurde sie durchgehende auf 14 Fuß, in den Jahren 1752-1755 auf 20 Fuß, im Jahre 1790-1792 auf 22 Fuß und bei der letzten Deichverstärkung“, so hieß es 1925, „des vorigen Jahrhunderts auf 25 bis 26 Fuß gebracht.“ Dabei änderte sich auch das Profil der Deiche. Im Schutze dieser Deichlinie wurde auch die immer schwieriger werdende Entwässerung, und dieses ohne jeglichen staatlichen Rückhalt, durch die Kommunen in Angriff genommen und --- gemeistert. Was hier entstand, kann man wohl schon ein Kunstwerk nennen. Jedenfalls gibt es an der deutschen Nordseeküste wohl keine Marsch, die Probleme von derartigem Schwierigkeitsgrad in dieser Weise erfolgreich gemeistert hat. Da die Entwässerung in die hoch über dem Land fließenden Wilsterau immer schwieriger wurde, auch mit den Wasserschöpfmühlen, begann man das Entwässerungssystem völlig umzubauen. Nicht mehr in die Au wurde das Wasser emporgehoben, sondern man führte es parallel zur Au deichwärts. So entstand wohl schon nach 1634 die Hakeboer Wetter, die in Hinter Neuendorf begann, neben dem linken Auufer auf der Alten Seite herlief, sich dann mit der Honigflether und Moorhusener Wettern verband und mit dieser zusammen durch die „Feldschleuse“ nicht weit von Kasenort in die Stör entwässerte, wobei auch dieser Wasserweg bald „künstlich“ entwässerte mittels Schöpfmühlen.416) Auf der Neuen Seite dauerten die Bemühungen viel längere Zeit. 1765 gelang ein großes Werk, man leitete den Kudensee nicht mehr wie bisher in die Wilsterau, sondern in die Elbe durch den neuen Büttel-Kudenseer-Kanal. Der „mit vielen Schwerungen verbundene Abfluß nach rückwärts durch die Wilsterau“, sehr lästig für Auanlieger und damit auch für die Wilsteraner, war somit beseitigt. Die Verbindung zum Kudensee bestand übrigens weiter durch ein Siel bei Bebec nahe Burg in Dithmarschen. Ab 1773 wurde die innere Marsch wieder zur Elbe hin entwässert. Das hatte 1634 aufgehört, als die Vierstieghufener Schleuse so zerstört wurde, dass König Christian IV. nach einer Inspektion befahl, sie dichtzuwerfen, die Entwässerung aber über das ferne Kamper Ritt, also wieder parallel zur Au, in die Stör zu bewerkstelligen. Dieses Kamper Ritt entwässerte schon das Gebiet südlich der unteren Au. Nun wurde das Gebiet östlich davon wieder wie einst in die Elbe entwässert.417) 1795 gelang schließlich das schwierigste Unternehmen, der Bau des Ecklak-Nortorf-Neuhafener Kanals.418) Es war „das bedeutendste Entwässerungswerk, das die letzten Jahrhunderte in unseren Marschen geschaffen haben.“ „Die Interessenten mussten das Unternehmen ohne die geringste Unterstützung seitens der Marsch ausführen,“ sie mussten dabei 90 000 Mark aufbringen. Der Entwässerungskanal führt das Wasser aus dem Gebiet von Ecklak und Nortorf, das bisher mittels Schöpfmühlen in die Au entwässert worden war, nunmehr nach Süden. Dabei musste die Altenhafener Entwässerung bei St. Margarethen in einem „Düker“ gequert werden. So gelangte das Wasser in den Bütteler Moorkanal und durch ihn zuletzt in die Elbe. So schied die Wilsterau aus dem Entwässerungssystem der Wilstermarsch (vorerst) aus und wurde „gänzlich zu einem Abflußkanal für das Wasser der Geest und der Moorländer“, was natürlich für die Stadt Wilster von erheblicher Bedeutung war. Natürlich bedeutete dieses nicht, dass es nunmehr keine Wilsteraukommune, zu der ja Wilster gehörte, mehr gab. Natürlich bestand sie mit den alten Mitgliedern weiter. Die Audeiche gegen Hochwasser von Geest und Moor, das Böwerste Wehr eben gegen dieselben und die Schleuse zu Kasenort waren ja weiterhin zu unterhalten.419) Noch eine Leistung technischer Art muss an dieser Stelle erwähnt werden, zumal es sich hier um Johann Holler, einem Sohn der Heimat, handelte. „Johann Holler hatte in Holland Wasserbau gelernt. Nach seiner Rückkehr in die Heimat hatte er zusammen mit seinem kaufmännisch begabten Bruder Hartwig ein Baugeschäft gegründet und in der Wilstermarsch Entwässerungsmühlen nach dem Prinzip der Archimedischen Schnecke gebaut. Der Ruf der Hollerschen Mühlen führte dazu, dass man die Brüder nach Norwegen berief, wo man mit der Wasserhaltung in den Bergwerken nicht fertig wurde. Daraus entwickelte sich ein bedeutendes Unternehmen mit eigener Reederei und Holzexport.“ Als man sich entschloss, unter Ausnutzung der Flüsse Eider und Levensau einen Kanal, der Nord- und Ostsee miteinander verband, zu schaffen, den schleswig-holsteinischen Kanal, war es Johann Holler, der dieses Unternehmen technisch meisterte (1777-1784). „Als mit dem Kanalbau begonnen wurde, verlegten die Brüder ihren Wohnsitz nach Rendsburg. Sie bauten Pumpen und Schleusen, Brücken und Pieranlagen. Als Baumaterial verwendete man Findlinge aus Schleswig-Holstein, Klinker aus Holland, Sandstein, Marmor und Granit aus Skandinavien. Der Kanal war 34 km lang, am Wasserspiegel 31, auf der Sohle 17 m breit und 3,45 m tief.“420) Bevor dieser Kanal erstand, gab es vielerlei Projekte. So sollte der große Hamburger Baumeister Sonnin dem auf Ostholstein beschränkten Holstein-Gottorfer Staat, der damals mit dem großen Rußland in Personalunion stand, ein Kanalprojekt entwickeln. Man dachte ans Schwentinetal, später an die obere Eider und die Stör. Berater des Königs von Dänemark dachten an Eckerförde und Husum als Endpunkten. Es gab aber auch Erwägungen, wobei man schon damals an eine Anbindung an die Niederelbe dachte, nämlich von der Eider in die Haaler Au und hinüber in die Wilsterau. Wilster also als Endpunkt eines Nord-Ostsee-Kanals, ein Projekt, das natürlicherweise den Beifall und Rückhalt des Wilsteraner Magistrates fand.421)
Wichtiger als Hollers Kanal wurden für die Landschaft seine Schöpfmühlen. „Die kleinen Wassermühlen mit einer Schraube oder Schnecke und Holländischen Segeln wurden 1772 von Johann Holler, dem Unternehmer es Eiderkanals eingeführt.422) Doch wird uns schon von der Sturmflut am 12. Febr. 1747, „das konnten aber kaum Hollers Mühlen gewesen sein“, berichtet, dass von den 900 Windmühlen der Wilstermarsch 400 umgeworfen und die anderen stark beschädigt wurden.423) „In solcher Zahl sind sie jetzt nicht mehr vorhanden, doch erblickt man in dem Gebiet des früheren Sladensees, wenn man mit der Bahn von Itzehoe nach St. Margarethen fährt, noch mehrere“, so schreibt 1925 K. Bielenberg.424) Heute sind wir froh, dass der Heimatverband für den Kreis Steinburg uns vor den Toren Wilsters noch eine einzige gerettet hat.
Die Wilstermarsch wurde also im 18. Jahrhundert stark gesichert durch Deiche und wesentlich verbesserte Entwässerung. Kein Wunder, dass die kleine Landschaft aufblühte. Und dieses musste sich natürlich auch auf die Stadt Wilster auswirken. Es brauchte allerdings eine Zeit, bevor sich neuer Wohlstand einstellen konnte. Schon im Oktober 1700 war die Stadt so verarmt gewesen, dass sie die geforderten „Ausschussgelder“ nicht mehr aufzubringen vermocht hatte, worauf die „Exekution“ über das Gemeinwesen verhängt wurde, d.h., es erfolgte militärische Besetzung.425) Die Brandschatzung durch die Schweden, der Freikauf von russischer Besetzung und viele Belastungen durch den eigenen Staat folgten dem in den folgenden Jahren nach. „Auch Wilster“, nicht nur Krempe, „lebte im 18. Jahrhundert in gedrückten Verhältnissen“, das ist der Eindruck Detlefsens.426) Er zitiert sodann den Pastor Valentin Michaelsen aus seinen „Zwo Predigten auf Veranlassung des vorzunehmenden Baues einer neuen Kirche in Wilster“, aus dem Jahre 1775.427) Nachdem er hier zunächst die Verhältnisse Wilsters gegen Ausgang des 16. Jahrhunderts nach Schilderung Heinrich Rantzaus gebracht hatte, fuhr er fort: „Jetzt sind unsere Umstände so blühend nicht mehr. Unsere Bürger haben an der Zahl und an Wohlstand abgenommen, weil Handel und Gewerbe immer mehr abnimmt und erschwert wird, die Weberey, die vormals hier so blühend war, beynahe ganz darnieder liegt, der Kornhandel in der Stadt lange so stark nicht mehr als vormahls getrieben wird, und unsere Handwerker und Nahrungstreiber bey der großen Menge derer, die in allen Dörfern und Flecken gleiches Gewerbe haben, unmöglich aufkommen können.“ Michaelsen geht hier auf die prekäre Situation des Handwerks und Krämer ein, übergeht dabei allerdings, dass sich daneben damals gewiss großer Wohlstand gebildet hatte. Sicherlich brauchte Reichtum auf den Marschhöfen nicht unmittelbar solchen in der Stadt zur Folge haben. Im Jahre 1636 führte König Christian IV. über seine „Revidierte Landordnung“ eine Abgabe für Luxus- und Verzehrgegenstände an seinen Zollstellen, z.B. in Wewelsfleth, aber auch am Kasenort, ein. An „Akzise und Licenten“ zahlte daraufhin z.B. im Jahre 1693 Wilster 90 Rthlr. . Die reichen Marschen dagegen hatten sich schon im Jahre 1649 für 30 000 Rthlr. Von dieser Abgabe freigekauft, wozu auch in der Folgezeit Wilster ebensowenig wie die anderen Städte imstande war.428) 1776 beantragte der damalige Kanzleirat Johann Diederich Michaelsen Zollbefreiung für seine Schiffsladung in Wewelsfleth, da diese für den Bau eines Gartenhauses gedacht sei, das eben jenseits des Burggrabens, also im zollfreien Landrecht gelegen war. Er erhielt dafür auch eine Bescheinigung des zuständigen Kirchspielvogten. Freilich hat er dennoch den Zoll entrichten müssen.429)
Betroffen von starker Konkurrenz aus den Marschen war besonders das Handwerk sowie Gastwirte und Krämer. Die Marsch hatte hier ihre eigenen Kräfte, nicht dass die Stadt Wilster in diesen Bereichen über ein sicheres Absatzgebiet verfügte. Die Kirchspielsorte verfügten meist über ein reichhaltiges Angebot an handwerklichen Fachkräften. Versuchen, an denen es ja schon im 17. Jahrhundert nicht gefehlt hatte, hier eine Begrenzung zu erzielen, begegnete man mit dem Hinweis auf die miserablen Wegeverhältnisse. Und so war es im 18. Jahrhundert nicht anders. Es liegt eine Handwerkerliste für die Wilstermarsch aus dem Jahre 1737 vor. In ihr wird angegeben, dass, „abgesehen von den zahlreich in der Marsch ansässigen Webern“ im Kirchspiel Wilster, im „Landrecht“, nur verhältnismäßig wenige Handwerker ansässig waren, auf der Alten Seite 22, nur 11 auf der Neuen Seite. Aber in den Kirchdörfern sah es etwas anders aus: Beidenfleth zählte 36, Wewelsfleth 69, Brokdorf 76 und St. Margarethen 55 Handwerker.430) Umfassend geht vor allem H. Schulz auf diese Verhältnisse ein.431) Danach machten vor allem die Brauer aus Beidenfleth ihren Konkurrenten in Wilster schwer zu schaffen, es gab an Brauern in Beidenfleth damals 17, in Wewelsfleth 11, in Brokdorf 11, in St. Margarethen 7, in Krummendiek 1 und in Heiligenstedten 2. Wilsteraner Brauer mussten sich damals nach anderem Broterwerb umsehen, denn die Beidenflether könnten, wie die Klage lautete, in einem Monat mehr Bier brauen und absetzen wie die Wilsteraner im gesamten Jahre nicht. Die Brauer aus den Kirchspieldörfern lieferten Bier in großen Mengen an die Schiffer auf Stör und Elbe. Da die Stadt ihre Polizeistunde hatte, wichen zechende Bürger anschließend ins Landrecht aus, wo es eine solche nicht gab. Im Zaume halten konnte der Rat, und auch das nur auf immer erneutes Ersuchen, diese Konkurrenz nur im Landrecht, also im Kirchspiel Wilster. 1736 ordnete der Statthalter an, dass Handwerker, die sich nach dem 1.8.1733 eben im Landrecht niedergelassen hätten, binnen sechs Wochen in die Stadt zu ziehen hätten. Der Magistrat half nach, so in einer Kanzelbekanntmachung im Jahre 1737. Er ließ bekanntmachen, dass Handwerker mit ordnungsmäßigem Geburts- und Lehrbrief nur 5 Rthlr. Zur Aufnahme ins jeweilige Amt mit allen Rechten zu zahlen hätten. Wer ohne derartige Papiere erschiene, solle sich sogar unentgeltlich niederlassen dürfen, er dürfe dann allerdings keine Gesellen und Lehrlinge (in Wilster hieß es „Lehrjungen“) halten. Alle sollten zunächst von städtischen Abgaben und Lasten befreit sein. Man war genötigt, den zuziehenden Landhandwerkern entgegenzukommen, wenn sie nur kämen. 1738 gab es eine kgl. Verordnung über Handwerker, die vom Lande in die Stadt zuzogen. Sie war vom 19. Februar. Vorzulegen war der „Gebuhrts-Brieff in beglaubigter Form bey der Obrigkeit“ der jeweiligen Stadt, der Erwerb eines eigenen Hauses in der Stadt, die Erlangung des Bürgerrechtes, der Lehrbrief und schließlich war ein Meisterstück anzufertigen. Der Magistrat hatte darauf zu achten, dass die Zunftmeister ihre Forderungen beim Meisterstück nicht zu hoch schraubten, nicht etwa „ein altformiges Handwerksstück, wie es etwa der eine oder andere Amts-Schrage beabsichtigen könnte, herzustellen vorschreibe“, er könne vielmehr „ein zeitgemäßes, praktisches, nicht zu kostbares Stück anfertigen, das er später wieder verkaufen könne.“ Dann machten diese Landhandwerker den städtischen auch noch auf den Jahrmärkten Konkurrenz. Daher erschien eine kgl. Verordnung im selben Jahre 1738 am 22. Juli zu diesem Thema. Es wird festgesetzt, dass „denen Landhandwerkern nicht erlaubt seyn solle, auf den öffentlichen Jahrmärkten anzustehen, noch einige Waaren feil zu haben.“ Verordnungen folgten 1755 und 1773. In der ganzen Wilstermarsch dürfe nur in der Stadt Wilster selbst Handwerk und bürgerliches Gewerbe betrieben werden, vor allem, was die Brauer, Bäcker und Branntweinbrenner betraf. Pro Kirchspiel durfte es geben 1 Rademacher, 1 Grobschmied, 1 Schneider und 1 Schlachter. Landhöker durften nur handeln mit Butter, Käse, Speck, Brot, Wagenleitern, Rungen, Dracht-Ebenern (Hebebäume an Wagen und Pflug), Schwingen und was sonst zur Ausbesserung von Wagen, Pflügen und Eggen erforderlich wäre, weiter mit Heuharken, Dreschflegeln („Dröschkloppers“), Kern- und Mistschaufeln, Spaten, Holzschuhen und Nägeln. Verboten waren Teer, Tran, Salz, Essig, Licht, Öl, Syrup, Seife, geringer Tabak, Tabakpfeifen, Pfeifenköpfe, Stricke und Halfter. Erlaubte Waren durften auf dem Dorfe „nur in Kleinigkeiten“ verkauft werden. Eine darob von der Stadt Wilster 1774 durchgeführte Untersuchung sämtlicher Landhökereien verlief aufgeregt, aber völlig ergebnislos, obwohl die Erlaubnis des Amtmannes vorlag. Im November 1774 griffen die Wilsteraner in einem Fall zur Selbsthilfe, indem sie einem St. Margarethener Handwerker Joh. Cornils, einem „Hauptübeltäter“, die Waren, die er in Itzehoe gekauft hatte, bei der Durchführung in Wilster auf Veranlassung der Achtmänner beschlagnahmten. Die Verordnungen gingen zu weit, da sie sich nicht realisieren ließen. Wie die Handwerker in Stadt und Land verteilt waren, belegt Schulz am Beispiel der Schuster im Jahre 1738. Es gab ihrer in Wilster 39, in Beidenfleth 8, in Wewelsfleth gar 26, in Brokdorf 11, in St. Margarethen 7, in Krummendiek 1 und in Heiligenstedten 2.
Dennoch ist das Handwerk in Wilster keineswegs verkümmert. „Ein reiches handwerkliches und gewerbliches Leben wurde von einer wohlhabenden und in sich geschlossenen Marsch empor getragen und zu einer bedeutenden Höhe geführt, bis die Tage des allgemeinen Niedergangs in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ebenfalls mit in die Tiefe zogen und zerstörten.“432) Das mochte für die gesamte Marsch gemeint sein, stimmte aber vor allem auch für das zentral gelegene Wilster. Die Spezialisierung hatte einen oder besser gesagt ihren Höhepunkt erreicht. Da tauchen auf Muschelkalkbrenner, andere betrieben „Tabakspinnereien“. In Wilster und Wewelsfleth blühte das Steinmetzgewerbe. Es wurden „Bremer Steine“ verarbeitet, vorwiegend zu Grabsteinen, also Steine aus Oberkirchner Sandstein. Das geschah in der Zeit von etwa 1600 bis gegen 1820. Sie weisen entsprechend alle Stilarten dieser Zeit auf.433) Oft wurden sie immer aufs Neue verwandt. Etliche stehen unter Denkmalsschutz. In der „Kunst-Topographie Schleswig-Holstein“, herausgegeben vom Landesamt für Denkmalpflege Schl.-Holstein und dem Amt für Denkmalpflege der Hansestadt Lübeck (Neumünster 1969) sind sie mit Beschreibung auf Seite 830 ff vermerkt und beschrieben. Die meisten stehen heute auf dem Neuen Friedhof von 1858/59. Dann gab es Spezialisten wie Silberdraht-arbeiter, als die Brüder Kommeter einwanderten. Das Handwerk in der Stadt Wilster, so bemerkt W. Jensen für das 18. Jahrhundert „blühte kräftig empor“.434) Einen Höhepunkt erreichte, später als in Nachbarlandschaften, gerade im 18. Jahrhundert die Schnitzkunst. Aus diesem Jahrhundert stammen die Wilstermarschstuben, die in der Mitte dieses Jahrhunderts einen gewaltigen Aufschwung erlebten. Wir besitzen glücklicherweise noch einige in den bedeutenden Museen unseres Landes.435) Der Silberschmuck der Marsch stellt weiter ein beredtes Zeugnis dar von der Goldschmiedekunst in den Elbmarschen, vor allem auch der Stadt Wilster. Höhepunkt stellt die Zeit zwischen 1780 und 1820 dar. So hatte die Stadt Wilster im Jahre 1818 nicht weniger als 4 Goldschmiedemeister, die alle voll zu tun hatten, denn die Marsch rundum bot ein „Bild eines wahrhaft bestechenden Reichtums“ der Bevölkerung.436)
Diese Wendung zum Besseren setzte im 18. Jahrhundert allerdings relativ spät ein. In den ersten Jahrzehnten des Jahrhunderts sah es doch anders aus. Das zeigte ein Bericht des Magistrats noch im Jahre 1743. „Es ist also“, so heißt es hier, „dieser Ohrt ungemein nahrloß, dahingegen aber, ohngeachtet Er nur aus 322 größtenteils elenden Wohnungen bestehet, mit 11 931 rthlr. Gemeinen Schulden, und anbey mit so vielen anderen Lasten beschweret, dass sich desselben jährlich Abgiften, numehro schon seit verschiedenen Jahren, Erstbiß auf 4000 rthlr. Erstrecken. So stecken auch wohl die mehresten Bürger über den Wert ihrer Güther in Schulden. ---man zählet schon jetzo 51 wüste Stellen, worauf zum Theil noch vor nicht gar langer Zeit Häuser gestanden. 15 Häuser waren den 23. Sept. c.a. wüste, und seitdem ist die Zahl noch mit einigen vermehret worden. Und allen Ansehen nach , werden in kurzer Zeit noch mehrere Häuser wüste gelassen werden, nicht weniger sind durch den würkl. Umsturtz verschiedener baufällig seyender Häuser die Anzahl derer wüsten Plätze vielleicht baldigst einen merklichen Zuwachs bekommen. So sind auch viele in gutem Wohlstande geseßene Bürger zum Theil in wenigen Jahren in die empfindlichste Armuht geraten; und diejenigen, die ihr gutes Auskommen haben, sind allhier dünne gesäet. Die Allermehrsten befinden sich nicht mehr im Stande, ihre Abgifften und Zinsen zur rechten Zeit zu bezahlen, und muss ihnen oftmahlen von einem Jahr zum anderen nachgesehen, und nichts destoweniger dennoch nicht selten mit der Pfändung wieder Sie verfahren werden. Nicht wenige wissen kaum, woher Sie von einem Tag zum anderen das liebe Brod zur nohtdürfftigen Sättigung für sich und denen Ihrigen hernehmen sollen.“437)
Bald darauf wuchs die Stadt wieder offenbar. Im Jahre 1766 wurde der bisherige Steg über den Burggraben, Övelgönne genannt, von der Stadt übernommen und als Verbindungsbrücke zum Steindamm unterhalten. Hier war der Straßenzug vom Kirchplatz über die einstige Neuenburgstraße und dem Kohlmarkt weiter gewachsen in Richtung auf den Burggraben zu. Die Övelgönne, von W. Jensen als Übergang gedeutet, wurde allmählich zum Hauptausfallpunkt zur Langen Reihe, über die es weiter ging zum Steindamm und letzten Endes zur Geest.438) (Vorher hatte der Übergang von 2 Häusern westlich desselben unterhalten werden müssen). Hier an der Övelgönne befand sich auch das Wachthaus am Eingang der Stadt auf der Südseite. Als „Knippelwacht“ hat sie dort bis über die Mitte des 19. Jahrhunderts gestanden, wich dann der Straße nach dem Klosterhof hinüber.439) Am 15.8.1769 gab es auch die erste öffentliche Volkszählung im Lande. Wilster zählte das 1581 Einwohner. Das waren wohl weniger als Glückstadt (2483 E.) und Itzehoe (2320 E. in der lüb. Stadt) sie hatte. Das war aber auch immer so gewesen. Krempe mit seinen nun nur noch 761 Einwohnern war jedoch schon deutlich zurückgeblieben. Wilster hatte jetzt wieder etwa ebenso viele Einwohner, wie es sie besessen hatte, bevor die Kriegswirren seiner ersten Blüte ein Ende gesetzt hatten. Die Einwohnerzahl der Stadt sollte dann noch bis zum 15.8. 1803 (dem nächsten Zählungstermin) auf 1791 Einwohner anwachsen.440)
Räumlich blieb die Stadt weiterhin auf denkbar engstem Zuschnitt begrenzt. Das Landrecht gegann unmittelbar jenseits des Burggrabens. Konflikte blieben denn auch nicht aus, zumal die Wilsteraner notgedrungen ihre Gärten, ihre Ländereien weitgehend jenseits ihrer Grenzgräben im Landrecht hatten. So kam es 1738 zu einem länger anhaltenden Konflikt mit der Bauernschaft Bischof, wobei diese, wie der Stadtsekretär Ploen triumphierend mitzuteilen wusste, „zu Kreuz gekrochen und haben sich mit der Stadt verglichen“.441) Der Stadt gehörte der Schweinebrook. Sie hatte zwei Wege zu unterhalten, einmal den nach Dammfleth vom gleichnamigen (ehemaligen) Tor bis zur Mühlenbrücke über die Sielwettern, weiter, davon abzweigend über die sog. Schweinsbrücke zum Brook und weiter nach Bischof. Die Stadt ließ nun letztere sperren, „damit nicht jeder Hausmann sich dieses Weges und Brücke bedienen könne.“ Das störte die Bischöfer. Sie besaßen, da im Landrecht gelegen, den Weg, der von der Övelgönne durch die Lange Reihe und dem Bischofer Deich verlief (ebenfalls nach Bischof, aber auch ein Weg zum Schwinebrook.) Weiter hatten etliche Wilsteraner an diesem Weg ihre Ländereien. Hier errichteten die Bischöfer nun ihrerseits Schlagbäume, nämlich im Jahre 1738. Die Stadt klagte beim Amtmann mit Erfolg, denn sie konnten darauf hinweisen, dass sie eine Straße nebst Brücke zu unterhalten hatten, also einen Grund für ihr Tun hätten, was bei den Bischöfern nicht recht glaubhaft erschien. Die Vernunft siegte im Vergleich. Alle lästigen Schlagbäume wurden von beiden Seiten entfernt.
Toleranz hatte auch im Zeichen heraufziehender Aufklärung ihre Grenzen im damaligen Wilster. Hexenprozesse freilich gehörten der Vergangenheit an. Erregung gab es aber, wenn sich Menschen anderen Glaubens im Orte niederlassen wollten. Die Bevölkerung war evangelisch-lutherisch, Mitgliedern anderer Konfession waren bestimmte Plätze geöffnet, wie zum Beispiel Glückstadt, wo es Katholiken und Juden gab. Aber selbst als um 1740 Mitglieder der Herrenhuter Brüdergemeinde in der Stadt erschienen, gab es Unruhe.442) Diese waren im Lande, da doch Flüchtlinge vor den „Papisten“, anfangs freundlich aufgenommen worden sind. Archidiakon Martin Müller (1734 – 1743), ein Lausitzer, sympathisierte mit ihnen, lud einen der ihren, Magister Waiblinger, ein. Er erschien am 4.1. 1740 in der Stadt und hielt hier Erbauungsstunden ab. Man strömte zusammen, belagerte das Haus, in dem sie stattfanden, warf die Fensterscheiben ein. Der Rat war nicht in der Lage, die Übeltäter zu fassen. Er mahnte zur Ruhe, vergeblich; bat schließlich, die Versammlungen einzustellen, da sie „zu vielen Irrsachen und Unordnungen Anlaß“ gäben. Als die Andachten anhielten, wandte sich der Rat an die Regierung und zwar zusammen mit den beiden anderen Geistlichen, welche die Herrenhuter gleichfalls ablehnten. Es fand vom 18.5. bis zum 6. 9. des Jahres eine Untersuchung statt, offenbar auch ohne Ergebnis. Die Anstifter sollten ermittelt und bestraft werden. Beigelegt wurde die Sache aber auf andere Art. Archidiakon Müller wurde 1743 Pastor in Wewelsfleth und verließ damit Wilster, wo nun wieder Ruhe einziehen konnte.
Aus dem Jahre 1775 stammt unser erster genauer Stadtplan, über den Wilsters Stadtarchiv verfügt.443) Der Plan ist im Original ziemlich verblaßt, hat die Maße 1,01:0,94. Sie stammt vom Lehrer Friederichs, der als Nebenschullehrer der Großen Stadtschule für die Jahre 1769-74 erwähnt ist.444) Dass dieser Plan von ihm stammt, geht aus einer Eintragung am oberen Rand hervor, die mit dieser Angabe in Lateinisch beginnt. Sie lautet übersetzt445): „Dieses neue Bild der im Herzogtum Holstein gelegenen Stadt Wilster mit ihrer nächsten Umgebung zeichnet Andreas Königs Fredericus, Lehrer an der Schule zu Wilster im Jahre 1775“. Es ist eine Zeichnung „mit großer Sorgfalt und einer bis ins Einzelne sich erstreckenden Zuverlässigkeit“.446) Den Rand hat er, Friederichs, mit Bildern von Kirchorten der Marsch versehen. Dann gab es 2 erklärende Aufschriften mit Rankwerk umgeben. Die obere Eintragung versucht, die Geschichte der Stadt wiederzugeben, wobei er sich auf Heinrich Rantzau und Dankwerth beruft. Es deutet richtig, dass der Ort seinen Namen vom Flusse habe, erklärt das Stadtwappen. Das 2. Feld (auf der linken Seite) ist wichtiger, denn hier werden die Buchstaben und Zahlen, mit denen er zur Erklärung der Zeichnung diese versehen hatte, erläutert. Hier aus der Zeichenerklärung: „Diese Stadt wird eingeteilt A. in die neue und B. in die alte Seite.“ Auf der Neuen Seite werden von ihm bezeichnet: „a) Das Galgen Ortgen, allwo der Galgen, b) die Stadtmühle.“ Er beginnt also systematisch im Süden an der Sielwettern. „I. die Neustadt und c) deren Brücke, d) das Schoss, eine Brücke“, womit er das Schott meinte. „II. De schlaat“ in der Neustadt, „daselbst e) eine Brücke und f) der beeden Stadtdiener Haus. III. Das Neue Markt. IV. Die Blumenstraße“, die noch immer nicht bebaut ist, „V. Die Beckerstraße“, die heutige Rathausstraße, „g) deren Brücke“ über den Bäckerstraßenfleth. „VI. Der Klosterhof und Höfengang, H) dessen Steg“, der also auch schon bestand. „VII. Die Johannes-Straße“, der Teil der heutigen Schmiedestraße zwischen Op de Göten und Rathausstraße. „VIII. Das Markt, einesteils wo i) das Rathaus und k) die Brücke über die Aue, allda Göthen genannt. IX. Die Schmiedestraße. X. Der Rosengarten, nebst l) dessen Platz und m) dreyen Stegen. Auteich und Wege zur Landjurisdiction: Der Auteich hieselbst, a) die Dammflether Brücke über die Aue“, die er auch noch die Sielwettern nennt, er definiert allerdings noch: „Sielwettern genannt“, und weiter „b) Hinter der Stadt, c) Krummwehl“. Danach folgt die Alte Seite, beginnend wieder mit „I. Die Deichstraße, nebst a) eine Brücke“ über den Burggraben. „II. Die sogenannte Hofstätte. III. Die Wendung, benebst b) der Todten-Schauer, c) der neue Kirchhof“. Weiter „IV. Clüversgang, allwo d) eine Brücke, e) ein bedeckter Gang nach dem neuen Kirchhof“. Nach Deichstraße und heutigen Stadtpark folgt die Mitte: „V. Das Markt andern Theils“, Markt war also der gesamte Straßenzug beiderseits der (alten) Au, der heute „Op de Göten“ benannt wird. „VI. Hinter dem Kirchhof“, der ja noch bestand, also die nordwestliche Seite des Platzes. „Hier f) das Hauptpastoris, g) Archi-Diakoni, h) Diakoni Haus. I) Die Kirche“, die um diese Zeit abgerissen war, die Sonnin-Kirche sollte noch entstehen. „k) der alte Kirchhof. VII. Die Singelstraße“, also die Zingelstraße, „l) deren Brücke, m) die große Schule, n) das Rectoris, o) das Conrectoris und Schreib- und Rechenmeisters Haus“, die also alle zusammen in der Zingelstraße belegen waren, „p) der Prediger und Schulbedienten Wittwenhaus. VIII. Die Hintere Straße“, aus der Haferstraße war die Achterstraße geworden, „wo q) eine Brücke, r) die beeden Grasshöfe, s der Stadt Armenhaus, t) das Interims-Kirchengebäude“, in welcher der Gottesdienst abgehalten werden musste, bevor die Sonnin-Kirche fertig war. „IX. Die Querstraße“ (Dwerstrate). X. Honigflether Straße“, die zum Steindamm führte, nicht mehr die Lange Reihe, „wo u) das Organistenhaus. XI. Der Kohlenmarkt, allhier n) eine Brück. XII. übergöng“, dann Övelgönne benannt, „woselbst x) das Wachthaus“ für die Garnison. „XIII. der Kleine Schweinbrook, wo z) eine Brücke“, wo „olim monachorum portus gewesen“, und hier „g) die Vogelstange.“ Nicht übersehen werden die Fortsetzungen der Siedlung Wilster im Landrecht. Da sieht man als Hauptsatellitensiedlung sich Haus an Haus in Verlängerung der Deichstraße hinziehen. Weiter sieht man eine zweite Siedlung im Osten der Stadt entwickelt, entlang der Langen Reihe. Friederichs bezeichnet in letzterer „a) die Lange Reihe, wo das Rhedersche Armenhaus“ für das Landrecht 1657 gestiftet,“ b) das Landrecht, wo das Schinderhaus und eine Brücke“,; diese Buchstaben sind hebräische. Zu bemerken ist noch, dass das heutige Neue Rathaus (Doosesche Haus) damals noch nicht stand, wohl aber das Michaelsensche Haus neben dem Hauptpastorat, auch der umfangreiche Park diesseits und allem jenseits des Burggrabens, aber noch ohne das Gartenhaus (Trichter). Es stand auch das Amtshaus für das Amt Wilstermarsch (damals im Eigentum des Pastors Valentin Michaelsen). Eine sehr informative Zeichnung also.
Von der Ordnung in der Stadt lässt sich im 18. Jahrhundert sagen, dass sich die Ordnungen, wie sie in den vergangenen Jahrhunderten herausgebildet hatten, im allgemeinen erhielten, bei abnehmender Mitarbeit der Bürger und wachsenden Reglementierungen der Obrigkeit. Hauptquelle ist der Nachlass des Stadtsekretärs J.G. Ploen, des älteren Ploens, die sich im Wilsterschen Stadtarchiv befinden und seiner Zeit gedacht waren für die praktische Tätigkeit des Wilsterschen Magistrates, als eine Zusammenfassung aller Punkte, die für das Regiment von Belang sein konnten. So schrieb er 1770 „Von den Magistrats-Personen der Stadt Wilster“.447) 1771 schrieb er weiter: „ Formular der in der Stadt Wilster bey Übernehmung der Stadt-Ämter eingeführten auch sonst allerhöchst vorgeschriebenen Eide und Hand-Gelöbnisse, mit einem Verzeichniß der Magistrats-Personen, der Stadt-Bedienten ---.“448) Schließlich 1782 noch die „Concepta und Materialia zur Beschreibung der Stadt Wilster“.449)
Das Bürgergericht bestand weiter, obwohl jetzt wachsend sich „Unlust der Bürger an ihrer Urteilertätigkeit“ zeigte. In den Gerichtsakten findet sich, dass am 13.2.1703, 13.3.1725, 19.12.1730, 8.1.1743, 23.3.1745, 2.9.1755, 15.7.1760, 8.1.1765 und 21.7.1786 Bürger, „obgleich als Gerichts-person ordentlich angesagt worden, dennoch ungehorsamblich ausgeblieben“.450) Grund hierfür wird gewesen sein: „Das Vordringen rechtsgelehrter Juristen auch in der Urteilsfindung, die hierdurch sowie durch die immer komplizierter und vor allem abstrakter werdende Rechtspraxis bedingte Rechtsunsicherheit des einfachen Bürgers, die immer weniger als ehrenvolles Rechts denn als zeitraubende Last angesehene ehrenamtliche Aufgabe der Urteilsfindung sowie die Eingriffe in das Rechtsleben durch die Landesherren, die immer mehr Fälle vor ihre Gerichte zogen – all dies dürfte auch beim Niedergang des Wilsteraner Niedergerichts ursächlich mitgewirkt haben“.451) Aber das Bürgergericht blieb. Die Landesherrschaft konzentrierte immer weitere Kompetenz auch und gerade auf juristischem Gebiet bei seinem Holsteinischen Obergericht in Glückstadt. Für eine Stadt mit lübischem Recht wie Wilster wurde wichtig, dass 1737 das Vierstädtegericht als Appellationsinstanz aufhörte zu bestehen; an seine Stelle trat nun eben das Obergericht. Es „beerbte“ in den folgenden Jahrzehnten noch zahlreiche weitere Appellationsinstanzen, vor allem seit 1774, nachdem ganz Holstein im Jahre zuvor unter dem dänischen König als Herzog vereinigt worden war. Als 1806 das Heilige Römische Reich Deutscher Nation aufhörte zu bestehen, wurde am 9.9.1806 das „Königlich Holsteinische Obergericht“ in Glückstadt höchstes Gericht für ganz Holstein.452) Aus dieser Welt von Obergericht und Regierungskanzlei stammt auch das Werk „Corpus Constitutionum Regie-Holsaticarum“ um 1750 des Regierungs- und Justizrates F.C.C. von Cronhelm, dessen Auf-zeichnungen von Verordnungen, Satzungen usw. von überaus großen Wert für die Heimatge-schichtsforschung sind.453) Justizrat oder Kanzleirat zu werden, oder als Zeichen ökonomischer Bedeutsamkeit gar Etatsrat zu werden, wurde nun auch und gerade von der Oberschicht innerhalb der Wilsteraner Bürgerschaft als hohe Ehrung empfunden.
Auch im Wilsteraner Stadtregiment änderte sich in diesem Jahrhundert nur noch weniges, und wenn doch, so handelt es sich nun um königliche Verfügungen. Die wichtigste Neuerung war die Einführung von „Kämmereibürgern“ im Jahre 1736.454) Bisher übten Achtmänner die Kontrolle der Finanzen aus. Nunmehr wurden die Finanzangelegenheiten „zweenen dazu geschickten und tüchtigen Bürgern“ übertragen. Diese hatten dieses Amt zwei Jahre inne. Jährlich schied dabei einer aus. Das entsprach einer Entwicklung, die nicht nur auf Wilster beschränkt war, in Itzehoe gab es Kämmereibürger schon seit 1673, vom Rat akzeptiert seit 1681.455)
Diesen Kämmereibürgern stand die Kontrolle aller Geldangelegenheiten, auch Bauten der Stadt etwa, zu, die weitestgehende Kontrollmöglichkeit, welche die Bürgerschaft gewinnen konnte. Für Itzehoe schreibt R. Irmisch in seiner Stadtgeschichte gar von einer „noch stärkeren Demokratisierung des Stadtregiments“.456) Es war der Preis, den der Rat zahlen musste, um sein Regiment aufrecht erhalten zu können. In Wilster verlief diese ganze Entwicklung viel weniger stürmisch als etwa in Itzehoe, hier hatte der Rat die Dinge viel sicherer im Griff. Kämmereibürger jedoch hat auch er zugestehen müssen oder doch vorsorglich zugebilligt. Das Achtmännerkollegium blieb im alten Sinne bestehen. Eine Erweiterung zu 16 Männern geschah sporadisch. So geschah es im Mai 1730, weiter am 21. Oktober 1741, als der Bürger Christian Drevenstedt sich an den König wandte, um eine vakant gewordene Ratsstelle zu bekommen. Hier war eine starke Bürgerrepräsentation als Rückhalt für den Rat sogar hoch erwünscht.457) Es drohte dem Rat die Gefahr, dass die Regierung seine Mitglieder einsetzte; das Selbstergänzungsrecht des Rates war in Gefahr, wie nebenbei auch in Itzehoe.458) Um 1750 kam der Brauch auf, dass der Bürgermeister durch den Statthalter oder dessen Beauftragten feierlich in sein Amt eingeführt wurde. Der Rat witterte die Gefahr, protestierte heftig, ohne viel ändern zu können. Er setzte nur durch, dass der Stadt hierdurch keine Kosten erwüchsen.459)
Grundsätzlich durch königliche Verfügung wurde das Stadtregiment geregelt am 2. September 1791. Der rat, er nannte sich in dieser Zeit gerne Senat, wurde auf einen Bürgermeister und zwei „wirkliche Ratsverwandte“ und den Stadtsekretär reduziert, dazu gab es noch einen „überzähligen Ratsverwandten“, dem jedoch die Freiheiten des Rates, nämlich Freiheit von Abgaben und Einquartierungen nicht zustanden.460) Das Achtmännerkollegium und die Kämmereibürger blieben bestehen, wie denn der Staat nicht weiter in die städtische Selbstverwaltung eingriff.
Im Jahre 1762 setzte die Stadt Postboten ein.461) Genauer gesagt, handelte es sich am 9. Januar 1762 um eine „Wiederbesetzung des hiesigen Postbothen-Dienstes“ durch Einsetzung des Jürgen Suhr in dieses Amt. Hier ist auf eine immer spürbarer werdende Benachteiligung der Stadt Wilster gegenüber anderen Städten Holsteins einzugehen. Mochte Wilster auch für den Seeverkehr bzw. –handel günstig gelegen sein. Für den Postverkehr auf den Landstraßen lag es denkbar abgelegen.462) Seit dem 25. 12. 1694 gab es eine obrigkeitliche Postordnung, verbessert durch eine Verordnung vom 25.8.1714.463) Die festen Postverbindungen liefen auf den großen Heerstraßen, so war Itzehoe ein Hauptmittelpunkt der Postverbindungen. Über Wilster jedoch führte nicht eine. So musste sich diese Stadt mit einem kommunalen Postboten behelfen. Dieser sollte „zum gemeinen Besten wieder eingesetzt werden“, sollte „die Veranstaltung vorgekehret“ werden. Der Postbote also sollte „sowohl am Montage als am Dienstage, wie auch am Donnerstage und am Freytage nach Itzehoe gehen und die eingelaufenen Briefe zur gehörigen Zeit auf die Post bringen.“ Aufbrechen soll er in Wilster im Januar und Februar um 12 Uhr, im März und April um 2 Uhr, im Mai und Juni um 4 Uhr, im Juli und August um 5 Uhr, im September und Oktober um 2 Uhr, im November und Dezember um 12 Uhr. Es „wird solches hie durch denen sämmtlichen Bürgern und Einwohnern bekannt gemacht, damit ein jeder seine etwa zu verschickenden Briefe gegen solche bestimmte Stunden an den Bothen abliefern und selbige also in Itzehoe zur gehörigen Zeit auf die Post gebracht werden können.“ Es scheint anfangs einmal nicht funktioniert zu haben, etliche werden sich lieber privat haben behelfen wollen. So folgt die Strafandrohung: „Da durch diese vorgekehrte Veranstaltung ein jeder seine Briefe zur erforderlichen Zeit auf die Post bringen lassen kann, so wird es allen und jedem hierdurch anbefohlen, dass sie ihre zu versendenden Briefe durch die nunmehro bestellten Postbothen nach Itzehoe befördern lassen sollen, so lieb ihnen seyn wird, auf den unverhofften Contraveniens-Fall die dadurch verwirkte königliche Brüche zu vermeiden.“
Zum Marktgeschehen gestattete der König am 8. Mai 1751, dass die beiden (sehr ungünstig gelegenen) Pferdemärkte, (die daher auch ganz eingegangen waren), zu einem einzigen am 22. Juli zusammenzufassen. Überhaupt waren zeitlich ungünstige Märkte abgehalten. 1772 gab es nach Ploen nur noch den einen Jahrmarkt in Wilster im August. Der Ort des Jahrmarktes schwankte, so war er 1723 auf dem Neumarkt, 1749 wieder Op de Göten. Wochenmärkte waren, alles nach Ploen, „ganz und gar eingegangen“, man wusste kaum noch etwas von diesem Recht.464) Auch andere „Privilegien“ erübrigten sich. Hamburger Bier durfte einst, von der Stadt verpachtet, in 3 Schenken gezapft werden. Ploen weiß nur, dass derlei gänzlich eingegangen sei. Auch das Weinausschankprivileg des Rates ließ sich so nicht mehr halten. Seit 1755 durfte Wein von Fremden (Schiffern) ausgeschenkt werden.465)
Das 18. Jahrhundert ist die Zeit, in der auch auf dem Gebiet des Schulwesens der Staat sich zunehmend einmischt. Es ist übrigens der Zeitraum, aus dem wir erstmals auch überhaupt etwas mehr über die Schule in Wilster erfahren. Während wir aus dem Mittelalter nur durch eine kurze Notiz aus der Reformationszeit wissen, dass es schulischen Unterricht auch hier gegeben haben muss, ist auch das, was wir über die Folgezeit in Erfahrung bringen können, verhältnismäßig wenig. „Die ältesten bekannten Akten des Stadtarchivs, welche über die Große Stadtschule unterrichten, stammen aus dem Jahre 1755/56“, schreibt noch 1925 im Heimatbuch des Kreises Steinburg K. Bielenberg, der hier über das Schulwesen im Kreise Steinburg zu unterrichten hatte.466) Ruth-E. Mohrmann, die bisher wohl allein die umfangreichen Bestände Wilsteraner Rechtspflege untersuchte, trägt einiges auch aus dem Gebiet des Schulwesens (aus dem 16. Und 17. Jahrhundert) zusammen.467) Dass das Hauptziel der Schule, die eine Angelegenheit der Kirchengemeinde war, darin bestand, die Kinder „flitigen beden den Katechismus, lesen, schriven, Psalmen singen“ und Rechnen zu lehren, wie es aus der Schulordnung für die Landschule von Nortorf aus dem Jahre 1576 heisst. Es hat den Anschein, dass das Schulgebäude ein Fachwerkbau war (1671), dass diese eine kleine stationäre Orgel hatte (1666 u.a.m.), dass Unterricht vor- und nachmittags gehalten wurde (1668), dass ein Schulgeld gezahlt wurde (1629 u.a.m.), aufgegliedert in „schuel-, sing-, stuben- und feuergeld“, weiter noch „vor lichte in der scholen“ (1634 u.a.m.), dass die Kinder auf Schiefertafeln, Schreibbrettern und Papier schrieben und mit Rechensteinen, -brettern und –büchern arbeiteten (1634 und 1650). Man hört von Büchern und von milden Spenden für „arme Kinder, so zur Schule gehen, bücher dorfür zuekauffen und ihr schulegeld davon zu bezahlen.“ Man hört weiter von Einnahmequellen der Lehrer neben ihrem Gehalt. H. Schulz hat uns lückenlos die Liste der Rektoren vom Jahre 1605 an gegeben, die der Konrektoren von 1621, die der Schreib- und Rechenmeister ab 1631. Er wie auch W. Jensen berichten uns vom Schulwesen Wilsters und der umgebenden Marsch um 1700 und 1800.468)
Kirche und Staat haben es seit der Reformation niemals an Bemühungen um das Schulwesen fehlen lassen, mit wachsender Macht des Staates wuchs natürlich auch dessen Einwirkungsmöglichkeit. 1646 erließ König Christian IV. auf Veranlassung seines tatkräftigen Generalsuperintendenten Dr. Stephan Klotz auf einer Kirchensynode seine „Constitution“ für das Schulwesen.469) Jetzt wurde die Konfirmation an die Schulzeit angeschlossen. Für das Gebiet des Münsterdorfer Konsistoriums folgte am 23. Februar 1689 eine Resolution, die noch einmal das Schulgesetz einschärfte.470) Von besonderer Bedeutung wurde dann die „Gemeinschaftliche Schulordnung im Herzogtum Holstein von 1745“, in der nunmehr zum ersten Mal eine Schulpflicht bis zur Konfirmation festgelegt wurde. Daraus hervor ging dann eine „Verordnung wegen besserer Einrichtung der teutschen Schulen, besonders auf dem Lande in dem Herzogtum Holstein Königlichen Anteils vom 31. Dezember 1747“, nach der die Schulpflicht vom 6. bis zur Konfirmation, bis zum vollendeten 16. Lebensjahre dauern sollte.471)
Auf Grund dieser Verordnung von 1747 bildete sich eine Schulkommission mit der Aufgabe, in Wilster „das dortige Schulwesen“, welches sich in schlechter Verfassung befand, „zu untersuchen, wegen dessen besserer Einrichtung ein Projekt zu unterwerfen und selbiges bei dem Kirchen-visitatorium zur weiteren Veranlassung einzureichen“. Durch Verfügung des Konsistoriums vom 20. Januar 1756 wurde diese Kommission aus dem Bürgermeister, 2 Ratsverwandten und den 3 Predigern gebildet. Ihre Vorschläge wurden in eine königliche Verfügung vom 20. Oktober 1758 umgesetzt, in die „Allergnädigst approbierte Schulordnung und Gesetze für die große Stadt- und Nebenschulen zu Wilster“. Durch sie wurde die Schulkommission eine beständige Institution zur Beaufsichtung des Schulwesens. Die Große Stadtschule war oder vielmehr blieb eine Kirchspielskirche für Knaben, Mädchen wurden dem Privatunterricht überlassen. Zwei Theologen unterrichteten als Rektor und Konrektor, ein Nichttheologe weiter als Rechenmeister. Die Besetzung des Kollegiums schwankte in den folgenden Jahren, angeblich aus Sparsamkeitserwägungen wurde verschiedentlich eine Lehrerstelle nicht besetzt. Der Konrektor ist wohl auch Kantor. Wichtig wurde das Jahr 1781, wo statt des Konrektors ein zweiter deutscher Lehrer hinzukommt. Die Schule hat seitdem den Rektor, den Rechenmeister und den „Collaborator“.472) Das Schulgeld wurde gleichmäßig unter den drei Lehrern aufgeteilt. Ihr Einkommen beruhte auf verschiedenen Posten: 1. Einem „Salair“ aus der Kirchenkasse (175 M 15 Sch.), 2. Einem „Legat“ aus derselben (33 M 5 Sch 4 Pf), 3. Einem „Legat“ aus der Kämmereikasse (18 M). Dazu kam (um 1800) noch „Leichengeld“, Entgelt für Dienste bei Bestattungen, der wichtigste Posten offenbar (nämlich 242 M 10 Sch 10 Pf). Das waren zusammen 469 M 15 Sch 2 Pf. Die Schule war einmal eine Lateinschule für eine kleine Minderheit, zum anderen eine Volksschule. „Es gab Zeiten, wo tüchtige junge Leute unmittelbar von Wilster aus zur Universität gingen, aber auch solche, wo die Eltern ihre Knaben in jungen Jahren schon nach Altona oder Kiel geben mussten, weil sie in Wilster nicht über die erste Konjugation hinauskamen.473)
Im Jahre 1771 erfolgte (wieder) in der Zingelstraße ein Neubau der Großen Stadtschule. Ihm folgte in den Jahren 1803/04 der Neubau des Lehrerhauses,474) wobei es vorher zu einem heftigen Streit zwischen dem Landbaumeister Richter, den der Stadtsekretär Polemann für diese Aufgabe zu gewinnen wusste, und den Kirchenhauptleuten kam, da Richter „gesunde, feste, solide und unter vorhandenen local Umständen mit hinlänglichem Gelass versehene, möglichst bequeme Schullehrer-wohnungen“ schaffen wollte, während die Kirchenhauptleute „das prachtvolle Gebäude“ für viel zu aufwendig hielten, das „für mehrere Jahrhunderte zur Zierde als wahren Nutzen gereiche“. Der jahrelange Briefwechsel und Hader vor den Instanzen endete schließlich mit dem Bau nach einem Riß, der dem des Landbaumeisters„fast völlig“ entsprach.475) Es besteht aus dem Jahre 1805 eine Ansicht des Wohnhauses. Danach war die Wohnung des Rektors links (186,24 qm), die des Collaborators in der Mitte (113,64 qm) und die des Rechenmeisters rechts (ebenfalls 113,64 qm).
Von 1796 -98 war Rektor der Großen Stadtschule G.F.Schumacher , der uns in seinen „Genrebildern eines 70-jährigen Schulmannes“ ein recht farbiges, aber mit beißendem Spott geschriebenes Bild von Stadt, Kirchengemeinde und Schule zu Wilster gegeben hat.476) Er schildert, wie Kirchenhauptleute und Juraten, die die Kosten einer Neuwahl scheuten (sie gaben 114 M „an feststehenden Kosten“ an) und die vakante Stelle am liebsten unter der Hand vergeben hätten, einer Prüfung von 3 Kandidaten beim Propsten Burdorff „traurigen Andenkens“ zustimmen mussten. Der Prüfung durch den Propsten in Itzehoe, (bei der hier der Witz umging: „Morgen kommen die Kandidaten von Wilster, um den Propst zu examinieren“), folgte in Wilster „in Gegenwart der 3 Pastoren loci und des hochlöblichen Magistrates eine katechitische Probe über eine Frage im Katechismus, und demnächst eine Probe in sog. Realien“. So wurde Schumacher, geboren 1771 in Altona, vorher Konrektor in Husum und auf der Domschule zu Schleswig, Rektor der Schule.
Schumacher schildert: „Ich war auf dem Gymnasio gewesen; hier fand ich eine ganz gemeine Bürgerschule, Kinder von Handwerkern, in kurzen Jacken und zum Teil hölzernen Pantoffeln. – Die Stadt war ein kleines Nest, ein“ für das Land, so muss man wohl ergänzend sagen, „abgelegenes Abdera“, also ein Ort beschränkter Kleinbürger,477) womit er der Stadt der Michaelsen und Doose wohl kaum ganz gerecht wurde, „selbst ohne Poststraße, in der Marsch. Die Menschen durch und durch Kleinstädter, das heißt in allem zurück, aber voll Selbstgefühl. – Ein Rectorenhaus, ein Kasten, gewiß mehrere Jahrhunderte alt“, es war ja joch das alte Gebäude, „mit zwei Stuben und einer Kammer; ein College, ein alter, fast schon stumpfsinniger Rechenmeister und neben ihm ein Collaborator als sein Assistent. - - Ich war Rector der ganzen Schule, zu der circa 120 pflichtige Schüler gehörten, die vom 8ten Jahr bis zur Konfirmation kommen mussten“. - - Er habe „den ganzen gemischten Haufen aus dem mittleren und niedrigsten Stande“ in der 1. Stunde in Religion „nach dem Landeskatechismus“. Sonst hatte seine Arbeit den „Lateinern, ca. 12 bis 16“, zu gelten, „ganz elementar, wie etwa jetzt in einer Untertertia“. „Wer Lateiner oder Deutscher war, das hing ganz von der Laune der Eltern ab, und zuweilen changierten sie manchmal während der schuljahre, wurden von Lateinern wieder Deutsche und umgekehrt.“ Änderungen gab es nicht „ohne Zustimmung des Schulkollegii“, welches nach dem Grundsatz verfuhr: „Keine Neuerungen, so haben wir es gehabt als Kinder, so sollen es unsere Kinder wieder haben; wir sind ja ganze Leute auf dem Wege geworden und anständige Bürger, was sollen sie denn mehr. – Schulhonorare zahlte jeder der 120 Schüler 18 Schilling quartaliter; davon mir 9 und dem Rechenmeister, der den Kollaborator bezahlen musste, 9 Schilling zufielen. - - Die ergiebigste Geldquelle war für uns die Leichengebühr, die leicht, aber auch schwer verdient ward, wie man es nennen will. „Eine Beerdigung geschah „nie ohne Begleitung der singenden Schule. - - Es kam gerade so im Durchschnitt ca 150mal im Jahr, also dreimal die Woche“, und dann fiel der Nachmittagsunterricht aus. „Diese Leichenkondukte waren unsere Geldgrube. Hatten wir dann nicht gerade Fleckfieber, so sorgte doch der Genius der Schwelgerei in der reichen Marsch dafür, dass wir nie zu kurz kahmen. - - Ursprünglich zahlte jede Leiche 2 Mk und 4 Scsh. an die Schule, also 18 Sch. a` Lehrer.“ Wenn der Gesang, der sonst mit der Berechnung immer derselbe war, nach Wahl erfolgen sollte, „kostete er das Doppelte“. Bei allen 3 Gesängen a) am Leichenhaus, b) auf dem Weg und c) auf dem Kirchhof, ergab es 18 Mk.“ Die Steigerung war vollkommen organisiert, als ich da war.“
So weit Schumacher über die Verhältnisse in Schule und Gemeinde. Es hinterließ uns aber nicht nur ein farbiges Bild aus der Marschenstadt, er stellte auch die Weiche für eine beachtenswerte Schulreform in der Stadtschule, die allerdings erst nach seiner Amtszeit im Jahre 1804 Wirklichkeit werden sollte. „Soviel setzte ich endlich durch,“ so Schumacher in seinen Genrebildern, „dass ich ein Commissorium erhielt, eine bessere Schulordnung zu entwerfen. Ich tat dies, kam aber vor der Ausführung weg, und sie ist nachher bei der neuen Einrichtung zum Grund gelegt.“ Die neue Schulordnung fasste das Schulwesen der Stadt einheitlich zusammen. Zunächst kamen alle Kinder, Jungen und nun auch Mädchen zusammen, auf die Elementarschule, die der Vorbereitung zum eigentlichen Schulbesuch diente. Privatschulen für dieses Lebensalter wurden verboten. Die Mädchen besuchten anschließend eine Mädchenschule, bestehend aus 2 Klassen unter einem Lehrer. Die Schule der Jungen war die Große Stadtschule. Sie bestand weiter aus 3 Klassen mit 3 Lehrern. Der Rektor leitete alle 3 Schulen. Natürlich kamen die Kleinen und weiter die Mädchen viel schlechter weg als die Jungen auf ihrer Großen Stadtschule. Das wichtige aber ist, dass jetzt auch die Mädchen in das Schulsystem einbezogen wurden.478)
Am 24. August 1814 erfolgte dann die „Allgemeine Schulordnung“, auf Grund der die Lateinschulen, wie sie bisher in allen Städten, in Form einer Lateinschule auch in Wilster, bestanden hatten, aufgehoben wurden, was in Wilster ja im Grunde durch die Ordnung von 1804 schon geschehen war. Hierfür war nunmehr allein die Gelehrtenschule in Glückstadt vorgesehen. Da der Rektor der Großen Stadtschule aber auch weiterhin ein Theologe war, war eine Form von Nachhilfeunterricht im Lateinischen möglich, so dass die Schüler erst später auf eine der oberen Klassen des Gymnasiums überzutreten brauchten. Die Schulordnung vom 24. August des Jahres 1814 des Generalsuperintendenten Dr. Adler hatte noch ein anderes Ergebnis für die Große Stadtschule zu Wilster. Es war nicht der Unterricht dort selbst, da die Ordnung von 1804 schon durchaus den neuen Anforderungen entsprach, sondern mehr das Landschulwesen, das nunmehr einen besonderen Weg einschlug. In der Propstei Münsterdorf, zu der Wilster und die Wilstermarsch ja gehörten, war diese Landschulordnung schon in einem Schulregulativ vom 9. März 1812 vorweggenommen. „Alle Landschulen“, so ist hier im § 1 zu lesen, „in der Propstei Münsterdorf sollen Distriktschulen sein - - -. Sie treten mithin künftig aus aller Verbindung mit den jetzigen Kirchspielschulen, und werden, so wie diese, von den Distrikten allein unterhalten.“ Das bedeutete, dass die Große Stadtschule zu Wilster, bisher Angelegenheit des gesamten Kirchspiels, nicht mehr zuständig war für die Bauernschaften rundum, sondern ausschließlich für die Stadt Wilster, eine völlig neue Situation. Schon 1813 wurden die Schulvorsteher der Landschuldistrikte dahingehend vorstellig, dass, da ja sie nun keine Verpflichtung mehr hätten, zu den Kosten, vor allem den Baukosten hier, der Stadtschule, des Stadtschulhauses zunächst einmal, beizutragen. Der Streit, der darüber ausbrach, endete damit, dass am 20. März 1815 dieser Standpunkt von der Regierungskanzlei anerkannt wurde. Damit verlor die Schule ihren bisherigen Charakter als Kirchspielskirche, sie wird de facto eine Stadtschule. Die Stadt wurde verantwortlich für die Baulichkeiten. Freilich auch weiterhin blieben die Lehrkräfte besoldet, examiniert und eingesetzt (über die Schulkommission) durch die Kirche,479) die Lehrer waren „Kirchendiener“.
Auch die Bürgergilde von Wilster sollte im 18. Jahrhundert immer mehr den regelnden Eingriff des Staates zu spüren bekommen. Feuerversicherung und gewissermaßen auch Feuerwehr waren die öffentlichen Aufgaben der Gilde. Indessen stiegen die Ansprüche, welche die Regierung an derlei Organisation erhob. Nach königlichem Wunsch entstanden überall in Schleswig-Holstein eigentlich Brandgilden. Der Wilsterschen Gilde drohte die Auflösung. Daher erfolgte eine Satzungsanpassung an die kgl. Verordnungen. Am 23. November bestätigte König Christian VI. darauf die „uhr allte Brand- und Schützen-Gilde“ in Wilster, nach dem man die Satzungen verbessert und „auf die gesamten Stadts-Gebäude eingerichtet worden“, was der „allgem. Brandordnung für die Herzogtümer“ entsprach.480) Seit 1744 hatte man in Wilster also die Brand-Gilde. Bei Schauungen war darauf zu achten, dass jeder Hausbesitzer das vorgeschriebene „Feuer Zeug, als Eymer, Leiter, Haacken usw.“ vorweisen kann, jedes der Stücke, um Vorzeigen dafür ausgeliehenen Guts zu verhindern, beschriftet mit des Besitzers „Vornahmens Buchstaben und voll ausgeschriebenen Zunahmen“. Zu achten war auf Schornsteine und Herde, „wie und welcher Gestalt man auf allen Plätzen Feuer halte, wie nahe Torf und Holtz dem Feuer oder Schornsteinen seyn und daran liegen.“ Diejenigen, die mehr Feuer als andere benötigten, wie z.B. Brauer, Bäcker u.a.m., sollten „steinerne Erd-Gruben oder kupferne, eiserne oder wenigstens irdene verdeckte Gefässe bey der Hand haben.“ (Art. 4) Gildebeamte werden bei der Schauung mit 1 M. 8 Sch. entlohnt. Verstöße bei Feuerschauung waren dem Magistrat zu melden, der wieder eine Schlüsselstellung einnahm. Wichtig war, dass auch jeder Hausbesitzer der Gilde beitreten musste, dadurch alle Häuser versichert waren (Art. 25). Um Feuer zu verhüten forderte man (so Art. 31) „christlichen wandel“, Umgang mit Licht und Feuer, wobei wieder besonders gedacht wurde der „Brauer, Bandtwein-Brenner, Beckere, Färber, Schmiede, Reepschläger“. Man hatte Aufsicht zu führen über „Frau, Kinder, Hausgenossen, Gesinde, Tagelöhner und Hauerlinge“, aber auch über einquartierte Soldaten. Sie hatten „nicht minder ihre Schornsteine, so sie gewöhnlich gebrauchen, wenigstens zwei mahl im Jahr fegen lassen und ihre übrige Feuer-Röhre öfters von Sott reinigen, die Kohlen und glühende Asche in deren Öfen durch Zumachung derer Thüren, und auf denen feuer-Heerden mittelst eisernen, blechenen oder wenigstens irdenen Feuers-Stülpers, besonders vor Schlaffen-gehen wohl bewahren, hingegen kann Kohle und Asche, es sey denn, dass selbige 3 bis 4 Tage vorher in einen irdenen, eisernen oder blechenen, mit einem Deckel mit gleicher Materie versehenen Gefäße wohl abgekühlet sind – weder zur Aufbewahrung auf dem Boden noch sonsten in den Hof, auf die Gasse oder irgend an gefährliche Örter hinschütten“. So ging es weiter, wobei weder „Torf, Holtz, Buschwerk, Spähne, Flachs, Hanf, Heede, Leinwand, Oehl, Trann, Theer, Pech, Pulver, Schwefel“ als feuergefährlich ausgelassen, noch eine nicht „dichte Leuchte“ oder etwa „eine brennende Tobacks-Pfeiffe“ als gefährlich bei Betreten eines Stalles ausgelassen wurden; ein Beispiel dafür, wie ins Einzelne gehend obrigkeitliche Verordnungen der Zeit zu sein pflegten.
Die Gilde war außer Brandversicherung auch zugleich Kern der Bürger-Feuerwehr.481) Wer Feuer bemerkte (Art. 38) hatte ein „Geschrey“ zu erheben, zu veranlassen das Läuten der „Raths- und Sturm-Glocke“ und die „Rührung der Trommel“ (Art. 39). Darauf eilen „alle Gildemitglieder mit ihren männlichen Domestiquen“ mit Eimer, Leiter, Hacke zum Brandort. Es gab auch schon zwei Feuerspritzen. Der Gildevorstand aber hatte „durch fleißiges Zureden“ dafür Sorge zu tragen, dass fleißig Wasser herangeschafft wurde; dass der Hausrat gerettet wurde und untergebracht wurde, dass (so Art. 42) eventuell Nachbargebäude niedergerissen würden, dass anschließend eine Brandwache eingeteilt wurde, während des Löschens abgesperrt würde. Er hatte (Art. 44) schließlich die Entstehung des Brandes zu untersuchen.
Es folgten die Artikel über Einschätzung des Schadens und der Entschädigung. Diese richtete sich quantenweise nach dem eigenen Beitrag und dem der Gildebrüder. Waren diese gleich hoch oder höher versichert, so zahlten sie entsprechend weniger (Art. 46). Die Einschätzung war Sache von je zwei Zimmer- und Mauerleuten. Gab es eine Feuersbrunst, bei der über 10 Häuser abbrannten, fielen alle Verpflichtungen weg. Daneben blieb die Gilde als Schützen-Brüderschaft bestehen. 1758 tritt beim Gildefest übrigens zum erstenmal der „Fahnenschwenge“ in Erscheinung.
Die Wilstersche Brand- und Schützen-Gilde sollte nicht lange Zeit existieren. Schon 1759 erfolgte eine kgl. Verfügung, nach der die Einrichtung einer „General Brand-Casse“, einer allgemeinen Brandkasse also, angeordnet wurde. Die Bürger sahen in ihr jedoch nur eine Zwangs-Kasse und ließen sich in ihr nur nach extrem niedrigen Einschätzwert versichern. Die Einnahmen waren derart niedrig, dass die Kasse in Wilster so ihren Verpflichtungen nicht nachkommen konnte. Als allgemeine Brandkasse kam die Kasse für sämtliche Schäden in den Herzogtümern auf, stellte diese zusammen, um lokale größere Schäden ausgleichen zu können. Daher war diese Haltung von Wilsters Bürgern nicht tragbar. Daher hob ein kgl. Befehl am 12. Oktober 1764 alle örtlichen Brandgilden auf. Am 25.10.1764 forderte daraufhin der Statthalter alle Hausbesitzer auf, sich binnen 3 Monaten aus diesen „Special-Brand-Gilden“ auszuzeichnen, da niemand doppelt versichert sein dürfe. Diese Umschreibung erfolgte auf dem Rathause zu Wilster daraufhin am 15. – 16. November.482)
Daraufhin wurde die Gilde in eine „Mobilien-Gilde“ umgewandelt, die sich auf Versicherung von Hauseinrichtungen spezialisierte. Die Gilde-Achtleute stellten den entsprechenden Antrag auf Genehmigung durch die Regierung am 28.6. 1765, und der Magistrat hielt ihr gegenüber am 9.8. eine solche „Meublen-Gilde“ für „nützlich und nötig“, woraufhin eine solche auch am 7.4. 1766 ihre Bestätigung fand. Am 15./16.6.1767 feierte man das Gildefest wieder wie üblich. Allerdings waren nunmehr nicht mehr alle Hausbesitzer Mitglied, es war nur mehr die besser gestellte Bürgerschaft.483) Schon am 22.9.1767 gab es eine obrigkeitlich geförderte Konkurrenz-Mobilien-Gilde, die „Vier-Städte-Gilde für Mobilien“, gedacht für die Städte Itzehoe, Krempe, Glückstadt und Wilster. Die Stadt Wilster erhob Einspruch, der aber am 31.12. 1768 abgelehnt wurde durch die Glückstädter Regierung, die beschloss, dass „es bey geschehenen Aufhebung der besonderen Mobilien-Gilde für die Stadt Wilster sein Bewenden habe“. Die Auflösung der Gilde erfolgte sodann am 3.2. 1769.
Jetzt, am 21.7.1769, erfolgte dann die Gründung der noch heute bestehenden Schützen-Gesellschaft ohne öffentliche Aufgabe, sie hatte nurmehr der Pflege der Geselligkeit zu dienen. Gildeschreiber Ploen der Jüngere beginnt das neue Blatt des Gildebuches mit dem Vermerke: „Nachdem die Mobilien-Gilde dieser Stadt sowohl durch die Vier-Städte-Mobilien-Gilde als auch durch einen absonderlichen Bescheid aus dem General-Commerz-Collegio Allerhöchst aufgehoben: so ist dagegen mit eines Hoch- und Wohl Edlen Magistrats Hochgeneigte Approbation unterm 21sten Juli 1769 eine Schützen-Gesellschaft hieselbsten errichtet worden“. Der Gilde-Vorstand hatte ihre Errichtung beantragt „zu Beybehaltung der bürgerlichen Freundschaft und zu näherer Verbindung der bürgerlichen Familien in dieser Stadt“. Und so ist es denn auch geblieben. Ihre Satzungen wurden vom Rate am 21.6. 1769 genehmigt und bestehen, freilich oft abgewandelt, heute noch.484)
Die Schützen-Gesellschaft, die seit 1769 bis zum heutigen Tage existiert, ist in ihrer Organisation als Schützen-Gesellschaft gleichsam in Jahrhunderten gewachsen. „Die Gesellschaft wird von einem Hauptmann, zweenen Geschworenen und zweenen Gevöllmächtigten dirigiret“, die ihr Amt für ein Jahr innehaben von „Haltung der Gesellschaft“ zu nächsten. „Die abgehende Geschworne erwählen zwei neue, und diese einen neuen Hauptmann, welcher dann mit den beiden neuen Geschworenen zwei neue Gevollmächtigte ernennet.“ Dabei muss Wert darauf gelegt werden, dass beide Seiten, die Neue und die Alte, zu gleichen Teilen vertreten sind. Hauptmann ist wechselnd je einer der beiden Seiten. Seit 1839, einem Jahr, in dem es manche Änderungen gab, kamen, auch jährlich zwischen den Seiten wechselnd, noch ein Fähnrich und ein Adjutant hinzu. Dann gab es noch Spontoniers mit über 2 Meter langen Picken (Spontons), Waffen der Infanterie-Offiziere im 18. Jahrhundert, in der Gilde waren sie Begleiter der Fahnen. Sie hießen dann im 20. Jahrhundert „Lanzenträger“. Der Fähnrich trägt die Schwungfahne. Neben ihm gibt es noch zwei Fahnenjunker, die die beiden Gildefahnen tragen. (Art. 1) Ursprünglich (bis 1839) musste man Hausbesitzer in Wilster sein, wenn man ein Amt der Gilde bekleiden sollte. Der Hauptmann hat die „Lade“ der Gilde mit Büchern und Schriften derselben in Verwahrung und führt, soweit die Gesamtgilde nicht beschließt, mit Geschworenen und Gevollmächtigten die Geschäfte (Art. 3). Zur Bestreitung der Kosten hat „ein jeder Interessent dieser Gesellschaft gleich viel beyzutragen“. „Am zweyten Gildetage“ nach Wahl der „neuen Beamten, Offiziere usw.“ „leget der Hauptmann“, so seit 1839, „seine Rechnung wegen Einnahme und Ausgabe vor“, anschließend erfolgt die „Repartition der Beytrags Gelder“ auf die Mitglieder. (Ar. 6) Nach gehaltener Schützen-Gesellschaft“ hat der abgehende Hauptmann mit seinen Beamten „vor dem neuen Hauptmann - - -„ richtige Rechnung abzulegen“, Gelder, Lade usw. zu übergeben. (Seit 1839 soll dieses unmittelbar nach Wahl der neuen Beamten geschehen). (Art. 8) Der „Stadt-Secretaire ist zugleich der Schützen-Schreiber. (Art. 10) Er hat vor allem auch die „Schützen-Rolle“ zu führen. Seit 1839 wurde derselbe „durch Stimmenmehrheit gewählt“. Vollversammlung war die „generale Zusammenkunft aller Interessenten dieser Schützen-Gesellschafft“, die „alle Jahr am Montag nach Mariä Heimsucheung“ (am 2. Juli) stattfand, ein Termin, der in der Folgezeit Änderungen unterworfen war. (Art. 11) Auf ihr werden die „Schützen-Articuln“ verlesen und Bericht bzw. Anträge des Hauptmanns vorgetragen. Vorher läuft seit 1839 ein Zeremoniell ab, wird der Hauptmann und werden die Fahnen abgeholt in feierlicher Form (Art. 12) Die Gilde-Interessenten haben sich nach mittelalterlichem Brauch über das zu Beschließende „in die Acht“ zu begeben, d.h. ohne Beamte unter einem Achtsmann, den der Hauptmann ernannte, zu beraten und zu beschließen. Satzungsänderungen bedurften dabei anschließend einer „Resolution“ des Magistrats (Art.13) Es gab sodann die Gebote, sich „des Lärmens, Schreyens und Fluchens“ zu enthalten, nicht andere mit Bier begießen oder Bier zu verschütten, sich „aller Injurien“ zu enthalten, für den Schaden aufzukommen, den man unvorsichtig oder mit Vorsatz verursachte. Wichtig war der Bier-Ausschank, für den es ins Einzelne gehend Gebote und Verbote gab. Am 2. Schützen-Tage, „sobald der Hauptmann aufgeklofft und bekannt gemacht wie viel ein jeder an Zulage zu bezahlen“, habe jeder sein „Quotam bei de Hauptmanns Tisch unweigerlich einzubringen“. (Art. 23) „Die Schützen-Gesellschaft soll nicht länger als 2 Tage gehalten werden und am ersten Tage des Morgens um 8 Uhr und am 2. Tage des Nachmittags um 1 Uhr den Anfang nehmen und an beiden Tagen des Abends um 10 Uhr sich endigen“ (Art. 24). Ab 1839 blieb „es der Gesellschaft überlassen, wann sie sich nach Hause begeben will. Sich zurückziehende Beamte erhalten eine „Nachmusik“. Als öffentliches Anliegen aus mittelalterlicher Tradition blieb, dass „den Armen im hiesigen Gasthause 1 Mk. lüb.“ ausgeteilt wurde. Die „Ein- und Ausschreibung“, d.h. wer ein- und austreten will, hatte nach Verlesung der Schützen-Artikel zu geschehen. 1924 drückte man sich kürzer und klarer aus: „Wer Mitglied der Bürgergilde werden will, muss sich bis zum Ausmarsch melden“. (Art. 26) Eintreten durfte derjenige, der das Bürgerrecht hatte. Ursprünglich musste man 25 Jahre alt sein und durfte nicht „bey Herrschafften in Diensten stehen“. (Art. 27) Wollte ein Nicht-Bürger Mitglied werden, so musste er ein Mitglied oder doch einen Bürger als Bürgen stellen. Über das Schießen selbst heißt es in Art. 29: „Es bleibt der Schützen-Gesellschaft vorbehalten, entweder nach den Vogel oder nach die Scheibe zu schießen“. Besonderes Eigentum der Gilde wird genannt: „Fahnen, Spontons, Trommeln, Lade, Bücher, der silberne Vogel nebst Kette und das silber Bouquett pp“. Dieses Bouquett war ein zweiter silberner Vogel, der 1796 gestiftet wurde,485) und zwar durch einen Amsterdamer Goldschmied, dessen Vater als Orgelbauer um 10 Uhr „mit Ober- und Unter-Gewehr nebst dem gewesenen König, unter Anführung des p.t. Hauptmanns, der Geschworenen und der Gevollmächtigten“. Beteiligung „wird eines jeden Interessenten freyen Willen überlaßen“, doch wird gewünscht, dass alle Interessenten nach Möglichkeit teilnehmen. Das scheint nicht geklappt zu haben, weshalb 1839 jeder Interessent zum Ausmarsch verpflichtet wurde. Geschossen wurde „nach der Ordnung, wie ihre Namen nach der Haus-Nummer im Register aufgeführt stehen, und zwar von dem jedesmaligen Schützenkönige an“, je zwei Schüsse. (Art. 27 von 1839) „Nach geendigtem Schießen, wenn der neue Schützen-König ermittelt worden, wurde derselbe von dem abgehenden Schützen-Könige mit dem silbernen Ehren-Vogel feyerlich behangen und ihm das silberne Bouquett überliefert, worauf sodann in derselben Ordnung wie beym Ausmarsche, jedoch sodann in der Reihenfolge laut Namen-Verzeichnis von den Nächsten nach dem neuen Schützen-Könige an, wieder nach dem Gildehause herein marschirt“ (Art. 31 ab 1839 Art. 27) Genau wurde auch die Folge der Chargen beim Marsch festgelegt (Art. 32): Scheibenträger, Büchsenschützen, die „Musici“, dann führend der Hauptmann usw. Am Schluss der zweite Gevollmächtigte, und zwar von der Seite, von der der Hauptmann nicht ist. Die beiden Adjutanten sorgen für Ordnung des Zuges. Zur Erlangung der „Königschafft“ ist nötig, „dass der Vogel ganz rein abgeschossen werde und nichts davon an der Stange sitzen bleibe“. (Art. 38) 1839 wurde nach der Scheibe geschossen. Nach dem 1. Weltkrieg wurde zunächst wieder nach dem Vogel geschossen, 1929 schoss man wieder nach der Scheibe. Auch die Zahl der Schüsse wechselte.486)
Gewichtig für neuen Wohlstand in Wilster war der Handel. Einzugsbereich desselben war der alte, Hamburg, Niederelbegebiet, Küstengewässer in Nord- und Ostsee, vereinzelt auch Übersee. Im Vordergrund standen jedoch Niederelbe und ihre Nebenflüsse. So blieb das Itzehoer „Baumrecht“ ein ständiges Ärgernis. Es war nun im 18. Und heraufziehenden 19. Jahrhundert vor allem Wilster, welches gegen dieses blockierende Recht der Itzehoer Sturm lief. 1732 versuchte der Wilsteraner Bürger und Handelsmann „Monsieur Johann Schrever“, eine Last Hafer nach Kellinghusen zu führen, ohne in Itzehoe dem „Baumherrn“ die Gebühr für Öffnung des Störbaums entrichtet zu haben. Die Itzehoer griffen hart durch, nahmen ihm die Ladung ab, zwangen ihn sogar, den Hafer mit den eigenen Knechten auszuladen und in „ein angewiesenes Gewahrsam“ zu bringen. Wollte er seine Ladung wiedersehen, sollte er 4 Rthlr. Zahlen. Die Stadt Wilster klagte beim Glückstädter Obergericht, wo jedoch der Rechtsstreit „zum äußersten Mißvergnügen der hiesigen Stadt“ entschieden wurde. Wilster verlor den Prozeß und musste die Kosten tragen.487) Aber die Stadt gab nicht auf. 1771 wandte sich Wilster gegen die „verkehrte Anwendung“ des Itzehoer Stapelrechtsprivilegs (Wilster verwahrte eine Copie des Itzehoer Originals als Nr. 1 unter seinem Urkundenbestand, so lästig war der Störbaum). Von einem Haltezwang stehe in der Urkunde nichts. Dieses Verlangen der Itzehoer entbehre jeder Rechtskraft und beweise nur die Anmaßung der Störbaumherren.488) 1807 ersuchten Wilsters Achtmänner die Glückstädter Regierung dann um Aufhebung des Itzehoer Stapelrechtes. Das Obergericht dort lehnte dieses am 25. Mai des Jahres aber ab,489) denn erstens sei die Störbaum- und Stapelgerechtigkeit nicht zu bezweifeln, zweitens sei die Störbaum- und Stapelgerechtigkeit nicht zu bezweifeln, zweitens sei sie altes verbrieftes Recht, drittens müsse die nicht bemittelte Stadt Itzehoe die Störbrücken und Siele du Wehre in Ordnung halten, und viertens gebe es in Wilster mehr Wohlstand als in Itzehoe (!).
Wilster war also wohlhabender als Itzehoe, was gewiss der Wahrheit entsprochen hat, denn Itzehoe vermochte sich von der Zerstörung im Jahre 1657 nicht zu erholen, war eine Stadt im Verfall begriffen.490) Das konnte man von Wilster damals nicht sagen. So konnte diese Stadt auf Veranlassung der Statthalterschaft von 1799 bis 1802 eine einheitliche Pflasterung seiner Straßen durchführen. Sie ließ 822 „Ruten“ weitgehend völlig neu pflastern. Die Kosten wurden allerdings anschließend auf die Bürger verteilt.491) 1775 kaufte sich die Stadt von der Garnisionspflicht frei.492) Diese Belegung mit Militär war eine besonders lästige Angelegenheit, lagen die Soldaten doch in Bürgerquartieren, oft mit Frau und Kind. Viele Händel waren an der Tagesordnung, die Quartierbürger waren nicht beneidenswert in ihrer Aufgabe. Man gab damals vielem eindringlichen Ansuchen der Stadt nach. Wilster hatte dafür jährlich 50, später steigend bis zu 140 Rthler. an andere Städte, wie z.B. Kiel, Schleswig, Segeberg und Ploen, für Linderung von deren Einquartierungslasten aufzubringen. Der Versuch, auch von diesen Lasten frei zu kommen, weil man doch so hohe außerordentliche Steuern aufzubringen hatte, schlugen fehl. Am besten zeigt sich der eingekehrte Wohlstand im damaligen Kirchenneubau, weiter in mehreren prächtigen Bürgerhäusern. Sonnin-Kirche und Neues Rathaus zeugen heute noch von dieser Blütezeit von Stadt und Umland.
Die alte Kirche zu Wilster war schon seit Jahrhunderten im fragwürdigen Zustande. „Die Kirche selbst“, so fasst Ruth-E. Mohrmann den Bauzustand der Kirche zusammen, „ein gotischer Steinbau aus dem 13. Jahrhundert war schon eindreiviertel Jahrhunderte vor ihrem tatsächlichen Abbruch so baufällig, dass der Rat der Stadt 1603 einen Neubau plante. Damals nämlich war „das gewelb in der Kirchen alhie eingefallen“.493) Man hat sich jedoch in der Folgezeit immer wieder beholfen mit Ausbesserungen. So gab es z.B. 1716 und 1727 Turmerneuerungen, 1754 eine neue Kirchenuhr, „dass der Stundenschlag von dem Schlage der Viertel-Uhr wohl zu unterscheiden sei“.494) Die Kirche war nicht nur baufällig, sie war als evangelische Predigtkirche denkbar schlecht geeignet. Der Bausachverständige Kommissar Findorff aus Osterholz bei Bremen schildert in einem Gutachten vom 4.11.1773 den inneren Zustand folgend:495) „So viel hiernächst die Einrichtung dieser Kirche angetrifft, so fehlet es derselben an allen einer Kirche sonst zukommenden Bequemlichkeiten, als Raum, Licht, und Aussicht nach der Kanzel und dem Altare fast durchgängig. Das gantze Hinter Gebäude befaßet außer dem hierin vorhandenen Altare, der Tauffe, und denen Beichtstühlen, mehr nicht als 26 gemeine Stühle, und in solchen noch keine 200 Plätze; in dem Haupt Gebäude aber sind ohngefehr 750 Stuhl Plätze: also unten in der Kirche etwa 950 Stände: auf Priechen überhaupt 167 Stände, und an Klappen und Bänke 230, mithin in allen 1407 Stände vorhanden, womit sich eine Gemeinde, die aus 970 bis 980 Feuerstellen – und man im Durchschlage nur 2 Personen aus jedem Hause annimmt, aus beinahe 2000 Zuhörern bestehet, behelfen muss; und welche bey diesem Gedränge noch die Unbequemlichkeit hat, dass nicht nur das wenige Licht, was durch die süderseits angebrachten, noch ziemlich großen Fenster in die Kirche fällt, denen mehresten an der Nordseite sitzenden Personen theils wegen der Gewölbe Pfeiler, theils aber wegen der diesseits angelegten niedrigen Prieche benommen wird, sondern dass auch nur die Hälfte der vorhandenen Stuhlplätze ein freyes Gesicht nach dem Altar, ein Viertel derselben aber so wenig zur Kanzel als zum Altare eine Aussicht geben. Und überhaupt findet man wol nicht leicht eine Stadt-Kirche von einer gleich schlechten Situation als die hiesige ist.“ Über das Gedränge in der Kirche berichtet auch der Magistrat am 7.3. 1769:496) „---sin temahlen in einer Kirchenbank von 8 Sitzen wol 14 und mehrere Personen Sitze haben wollen, und solche auch nach ihren Briefen haben. – An jedem Sonntag in der Hauptpredigt, wenn nur einigermaßen das Wetter darnach ist, kann man sich davon überzeugen, - - - da nicht allein die Stühle ganz gepreßt voll, sondern auch selbsten die Gänge - - so besetzet sind, dass der Armen-Vorsteher alle Mühe hat, sich mit dem Klingbeutel durch die Menge hindurchzudrängen“, denn die Gemeinde bestehe „ohne die Großfürstl. und Klösterl. Unterthanen, die hier wirklich eingepfarrt sind, und ohne die Adlichen Unterthanen, die theils nach Heiligenstedten, theils nach Beyenfleth gehören, hier aber zur Kirche gehen, - - - wie auch ohne die Kinder, welche unter 12 Jahren sind, wenigstens aus 3300 Personen“. Man verpachtete die Kirchenstühle jählich neu, nach Lage derselben zu unterschiedlichen Preisen,497) es gab viel Ärgernis darüber. So gab es ein „Kirchengericht“, bestehend aus dem Hauptpastor, den beiden Kirchenhauptleuten und dem Schreiber der Stadt. Im Jahre 1704 wurde dieser unwürdige Zustand aber vom Münsterdorfer Konsistorium untersagt.498) „Ein unbändiges Gewühl, ein unordentliches Gedränge und unanständige Zänkereien“ aber blieben natürlich.499) Zu dem Gedränge in der Kirche während der Hauptgottesdienste muss gewissermaßen einschränkend gesagt werden, dass nicht nur Frömmigkeit die Scharen ins Gotteshaus damals trieb, sondern die Pastoren wurden ja auch „für abkündigung der Stadtsachen im gantzen Jahr“ eingesetzt und dafür entlohnt, wie aus den Stadtrechnungen hervorgeht. Weltkirche und geistliche Obrigkeit waren eng miteinander verquickt.500)
Für Lösung auch dieser Probleme, auch weil sonsten erhebliche Maßnahmen zur Herstellung des schadhaften Kirchenbaus erforderlich waren, durch einen Neubau waren, das geht aus allen Unterlagen im Zusammenhang mit dem Kirchenneubau hervor, der Magistrat, aber auch die Geistlichkeit. So erhielt der berühmte Baumeister Ernst Georg Sonnin aus Hamburg, der 1764 „in anderen Geschäften“ in Wilster war, den Auftrag, ein Gutachten über den baulichen Zustand der Kirche abzugeben. Er kam dem am 14.3.1764 nach.501) Was Sonnin in die Kleinstadt Wilster trieb, was ihn veranlasste, hier als Gutachter und Bauherr tätig zu werden, wissen wir nicht genau. Wir wissen aber, dass es hier reiche Persönlichkeiten gab, die sich hier prachtvolle Bürgerhäuser errichteten. Von manchen glaubt man, ohne die Unterlagen hierfür zu besitzen, dass Sonnin der Erbauer gewesen sei. Die Gegner eines Neubaus, der Wilsteraner Claus Schlüter, Jakob Dibbern aus dem Landrecht und Marten Lafrentz, von der Gemeinde beauftragt, für sie in der Kirchen –Bausache zu handeln, teilen in einer Denkschrift an die Regierung 1768 mit, dass der Hauptpastor Friedrich Christian Kirchhoff (im Amt 1749 – 1785), der in Hamburg das Gymnasium besucht hatte,502) erklärt habe, „dass er einen sehr guten Freund an den Herrn Sonnin in Hamburg habe, der wohl ihm zu Gefallen die Kirche einmal besehen und seine Meinung davon sagen sollte.“503) Eine wesentliche Rolle scheint auch der damalige Archidiakon Valentin Michaelsen, ein gebürtiger Hamburger, mit Ratsfamilien versippt, wohlhabender Eigentümer des späteren Amtsgerichts und jetzigen Gebäudes (1980) des Amtes Wilstermarsch, gespielt zu haben. Von ihm stammt als eine Hauptquelle die Schrift: „Zwo Predigten auf Veranlassung des vorzunehmenden Baues einer neuen Kirche in Wilster, nebst einem historischen Bericht von der alten Kirche zu Wilster“ (Hamburg 1775).
In seinem Gutachten (März 1764) kam Sonnin zu dem Ergebnis: „Dass gantze Gebäude ist keine Verbeßerung von Bestande fähig, und keiner Reparation von großen Kosten werth.“504) Seine Begründung: „Muthmaßlich wegen des nicht hinlänglich gesicherten Grundes - - - haben die Gewölber die Kirchen-Mauern so weit aus einander gedrenget, dass sie auf einer Höhe von 20 Fuß bey nahe einen Fuß --- übergewichen sind.“ „Die meisten Gewölbe haben sich schlangenförmig gekrümmt, fast alle Gurt- und Gratbogen sind von den Schildern und Klappen abgeborsten.“ „Da Dachstuhl und Streben auf den Pfeilern ruhen, haben diese auch noch den Giebel zu tragen, daher neigen sie alle nach Osten. Das Gutachten eines Baumeisters aus Glückstadt, Bardewick, das von diesem erbeten worden war, lautete ähnlich, nämlich „dass eine Haupt-Reparation keinen Statt finde, auch von keinem Nutzen seyn würde, und auch ohne große Kosten nicht würde bestritten werden können.“505)
Die Gegner eines Neubaus und der damit verbundenen hohen Kosten waren jedoch stark. Auf einer Versammlung der Kirchengemeinde am „3. Ostertage“ auf dem Kirchplatz wählte man 24 Gevoll-mächtigte, welche den Landesbaumeister Rosenberg zu Rate zogen, denn „nunmehr wussten sie, dass einige wenige Wilstersche Einwohner, welche respektive gar nichts, oder doch nur gantz wenig dazu concurriren, gar sehr für eine neue Kirche eingenommen wären“.506) Der Bericht Rosenbergs war den Anhängern des alten Kirchenbaus auch genehmer. Er war vom 4. Juli 1765 und riet, den Turm neu zu decken, ihn mit einigen neuen Schwellen und Streben zu versehen, die Risse zu verkeilen. Der Kirche solle ein neues Dach aufgesetzt werden, auch solle ein neuer Giebel aufgeführt werden, dann könne der Bau noch 50 Jahre erhalten werden.507) Sonnin nahm hierzu am 12.11.1765 Stellung, stellte fest: „So wird die Gemeine in fine ein Capital von 50 000 Mk. verlohren haben, und eine neue Kirche bauen“. Die Visitatoren genehmigten Rosenbergs Vorschläge, ließen den Turm (1765) für über 5000 M. entsprechend instand setzen. Bei einer Kirchenerneuerung wurde man sich mit Rosenberg dann aber nicht einig, es sei, so der Bericht der drei neubaufeindlichen Gevollmächtigten der Kirchengemeinde, „bald von denjenigen, die mit einer neuen Kirche ihre Eitelkeit sättigen wollten, bald aber von dem Herrn Rosenberg, der nunmehro mit denenselben einig geworden zu seyn schien, allerlei Schwürigkeiten gemacht worden“.508) Die von der Gemeine eingesetzten 24 Gevollmächtigten erwirkten von den Kirchen-Visitatoren einen Befehl (vom 17.5.1766) an die Kirchenhauptleute, ohne Aufschub mit der Ausbesserung des Kirchenbaus fortzufahren. Das war gegen den Willen, so die drei Vertreter der Gemeine für eine Sanierung des Kirchenaltbaus, „der Herren, die zwar eben nichts zum Kirchenbau geben, aber doch gerne auf unsere Kosten, bey einer neuen Kirche, respective lucriren, oder wie gesagt, mit selbiger ihre Eitelkeit sättigen wollen.“ Rosenberg wurde am 30.9.1766 von der Regierung über die Visitatoren aufgefordert, einen genauen Bericht über die Kosten einer Ausbesserung sowie eines Neubaus zu geben. Am 19.6. 1767 berichtete dieser, dass die 24 Gevollmächtigten der Gemeinde von einem Neubau nichts wissen wollten, ihm vielmehr allerlei Risse und Überschläge zur Ausbesserung der alten Kirche zugesandt hätten, die er alle als unzweckmäßig abgelehnt habe. Er habe beide Vorschläge, einer Instandsetzung und eines Neubaus, ausarbeiten wollen, die Gevollmächtigten hatten von ihm jedoch verlangt, „Riß und Ueberschlag von der alten, aber nicht von der neuen Kirche zu machen“, was er abgelehnt habe (wohl auch, weil er hoffte, der Baumeister eines Neubaus zu werden). Die Kosten für eine Instandsetzung kamen nach seiner Rechnung auf 13 228 Rthlr. 38 Sch., wahrscheinlich würden sich aber „die Kosten merklich vergrößern“. Zudem sei zu vermerken, dass „bey dem allen die Kirche nur klein, und kann kaum die Hälfte von der Gemeine faßen, es ist auch nicht möglich, die Gewölber und Pfeiler herauszunehmen, weil die alten Mauern an den Seiten, wegen des versunkenen Grundes gantz zerquetscht sind, und keine Balcken tragen könne.“ Zudem sei bei schlechtem Baugrund eine „pilotierung“ (Befestigung durch Pfähle) notwendig. Ein Neubau belaufe sich auf 35 091 Rthlr. 20 Sch. mit Turm.509) Die Kirchenvertreter lehnten einen solchen teuren Neubau ab, wollten es bei einer Ausbesserung belassen. Darauf erhielten Rosenberg und Sonnin den Auftrag, über die Zweckmäßigkeit einer solchen Maßnahme Stellung zu nehmen. Beide (Rosenberg am 14.9. und Sonnin am 15. 12. 1767) hielten eine solche Instandsetzung nur für nutzlos fortgeworfenes Geld; niemand könne für einen plötzlichen Einsturz mit eventuellen entsetzlichen Folgen einstehen. Diese beiden Berichte gingen von der Regierung zusammen mit den Vorschlägen Rosenbergs ans Kirchenkollegium mit der Bitte um Stellungnahme.510)
Die Gemeinde musste nun befragt werden, was am 13. Juli 1768 auch geschah. Da man von den 24 Gevollmächtigten, vielmehr den Kosten, die sie verursacht hatten seit 1764, genug hatte, wurden die beiden Achtsmänner, welche das Kirchenkollegium für Durchführung der Verhandlungen benannt hatte, aufgefordert, sich „von der Gemeine keine etwaige Gevollmächtigte geben zu lassen“, sie sollten nur einen Beschluss in der Frage zulassen. Dennoch gab es wieder und nunmehr „drey Gevollmächtigte“, nämlich Claus Schlüter aus Wilster, Jacob Dibbern aus dem Landrecht und aus Sachsenbande, das damals noch nicht zum königlichen Anteil gehörte, Marten Lafrentz. „Und was dieser Sache halber verunkostet, will die Gemeine über nehmen.“ Sie bekamen als Gegner eines Neubaus gleichsam unbegrenzte Vollmacht.511) Sie hatten die beiden Kirchenhauptleute und sämtliche Kirchengeschworene hinter sich, waren auch selber völlig integer. Ploen (der Ältere) als Stadtsekretär und auch 2. Bürgermeister musste zugestehen, dass es sich bei ihnen um „lauter unbescholtene Leute“ handele. „Wer hat ihre blendende Redlichkeit und ihren ehrlichen Namen je in Zweiffell gezogen?“512) Ihr Werk war eine Denkschrift von 64 Folioseiten Umfang. Man könne unmöglich die Gelder für einen Kirchenneubau aufbringen seitens der Gemeinde, das sei nicht möglich wegen Wasserfluten, außerordentlich schwerer Steuern und „fast niemahlen aufhörender Vieh-Seuche.“ Die Kirche sei groß genug, die Platzfrage ließe sich lösen. Magistrat und Pastor Kirchhoff wollten die Hälfte der Kosten für das Kirchspiel zinsbar aufnehmen, „die andere Hälfte aber durch milde Gaben gutherziger Capitalisten, durch Lottereyen, und durch Collecten herbey schaffen“, eine unsichere Angelegenheit. Die Gemeinde sei arm, würde durch Aufnahme einer so großen Summe allen Geschäftsruf verlieren und zahlungsunfähig“. Daher sei die Bitte, der König möge eine Instandsetzung gestatten.513)
Am 7. März 1769 antwortete der Magistrat in einem ebenso umfassenden Aktenstück.514) Dabei gab er ein etwas anderes Bild von der wirtschaftlichen Lage der Marsch. „Wasserfluthen, womit wir in den Jahren 1751 und 1756“, wo es die letzten Deichbrüche gegeben hatte, „ zum Theil heimgesucht worden, sind durch die darauf gefolgten reichlich gesegneten Erndten an allerhand Korn, wo nicht gänzlich, doch gewis größtentheils verschmerzt und wieder ersetzt worden; und die Vieh-Seuche hat - -im hiesigen Kirchspiel nicht allein nachgelassen, sondern gänzlich aufgehört.“ Im Übrigen wiederholten sich die Argumente, die sich aus den Gutachten der Sachverständigen ergaben, dass die Kirche für die Gemeinde unzureichend sei, dass Ausbesserungen weggeworfenes Geld seien.
Die Regierung lehnte das Gesuch der Gevollmächtigten ab. Nun aber griffen die Sachsenbander ein, indem sie sich an ihre Regierung wandten. Sie gehörten ja als einzige im Kirchspiel nicht zum königlichen Anteil des Landes, sondern zu dem von Holstein-Gottorf. Dieser Zweig der Herrscherfamilie musste schon respektiert werden, hatte er doch das Kaisertum zu Rußland inzwischen gewonnen. So nannte man denn auch den Holstein-Gottorfer Anteil des Landes damals den Großfürstlichen. Das Ergebnis dieses Schrittes der Leute aus Sachsenbande war ein neues Gutachten, das des Kommissars Findorff aus Osterholz/Bremen, welches die von Sonnin und den anderen Baumeistern freilich nur bestätigte. Dennoch ruhte nun die gesamte Angelegenheit für einige Jahre. Am 16. November 1773 kam es jedoch zu dem für das Land bedeutungsvollen Austauschvertrag, oder vielmehr wirkte sich dieser aus. Die Holstein-Gottorfer Linie des Herrscherhauses verzichtete (schon am 1. Juni) auf ihren Anteil an den Herzogtümern und erhielt dafür Oldenburg, d.h. seit diesem 16. November unterstanden die Herzogtümer Schleswig und Holstein nur noch einem einzigen Herzog, der zugleich auch König von Dänemark war, die Herzogtümer waren Teil des „Dänischen Gesamtstaates“.515) Gewichtig wurde dieses aber auch für das Kirchen-Neubau-Projekt in Wilster. Die Tage, in denen eine die hohen Kosten scheuende Gemeinde dieses verhindern oder wenigstens hinauszögern konnte, waren nunmehr abgelaufen. Die Glückstädter Regierung sandte nun die Pläne von Rosenberg, denn auch dieser hatte zu seinem Gutachten einen solchen gemacht, und von Findorff zur Begutachtung an das königliche Bauamt in Kopenhagen, wo ein Prof. Harsdorff sie begutachten sollte. Dieser lehnte Findorffs ab, stellte aber neben dem von Rosenberg den eigenen hinzu. Der kgl. Entscheid erfolgte am 17.8.1774. Die Gemeinde sollte einen dieser beiden auswählen, oder, falls sie ihr zu teuer seien, solle sie irgend einen anderen geschickten Baumeister auswählen. Die Gemeinde aber wählte hierfür Ernst Georg Sonnin, dem Erbauer des Hamburger Michels.516) Das geschah, „weil sie sich sämtlich an ihm einen Mann nicht allein von bekannten Einsichten, sondern auch von Oekonomie versprachen“, wie Valentin Michaelsen in seinen „Zwo-Predigten“ schreibt.
Nachdem am 12. Febr. 1775 die letzte Predigt in der alten Kirche stattgefunden hatte, begann man mit dem Abbruch, der bis zum 15. Juni vollendet war. Gottesdienst wurde in der Bauzeit in der heutigen Burger Straße in einem „Interimskirche“ benannten größeren Gebäude abgehalten. Nach einer sorgfältigen Untersuchung des Bodens konnte das Gebäude ohne irgendwelche Rammpfähle aufgeführt werden. Die Hinfälligkeit des Altbaus beruhte keineswegs auf dem Untergrund, wie Sonnin in seinem „Pro Memoria“ vom 8.5.1775 aufzeigte, sondern an unzureichender Fundierung.517) Der Bau dauerte länger als angenommen, erst im Juni 1777 konnte das Richtfest gefeiert werden. Der Bau wurde nicht in west-östlicher Richtung wie gemeinhin sonst, also nicht auf dem Platz schräg errichtet, sondern parallel zum Verlaufe desselben. Der Turm blieb erhalten, obwohl viele „eine kleine Kuppel nach jetzigem Baugeschmack aufgeführet“ wünschten (so Michaelsen). So ragt der schon damals etwas schiefe Turm noch heute 52 Meter hoch empor, ein Wahrzeichen der Stadt. Es erfolgte allerdings eine Erhöhung des Turmes mittels zimmermannsschrauben, von Sonnin umsichtig geleitet. Kanzleirat Michaelsen fürchtete unbegründet, dass ihm der Turm auf sein Herrenhaus am Kirchplatz fiele, obwohl mit der Hebung zugleich auch eine Drehung des Turmes auf dem Mauerwerk vollzogen wurde. Im Sommer 1777 begannen die Innenarbeiten. Am 2. Juli 1780 erfolgte dann die feierliche Einweihung, wurde die „Sonnin-Kirche“ ihrer Bestimmung übergeben.518)
„Wenn ein blauer reiner Himmel über den grünen Marschbreiten liegt“, so schreibt R. Haupt,519) „dann kann die Stadt wunderhübsch aussehen; aus den Ziegeldächern erhebt sich weithin sichtbar das hohe Walmdach der großen Kirche, daneben die unglaublich spitze Turmspitze, die der berühmte Baumeister Sonnin hat in der Luft stehen lassen, und die von ihm nur ein wenig verschoben ist, während er dem Turm darunter neu baute und die Kirche dazu.“ „Man wollte ihn, den Bau, sich 80000 Mark kosten lassen; freilich kostete er, als er 1780 in der Hauptsache fertig war, mehr als das Dreifache. Dafür war er auch groß, ernst und feierlich, von gemessener Schönheit und Würde, von außen betrachtet eins der prächtigsten Gotteshäuser des Landes. Über einem starken Untergeschoss eröffnet sich, mit 29 mächtigen Fenstern, das sehr stattliche Hauptgeschoss nach allen Seiten dem Lichte; der Grundriss ist ein langes Achteck, doch sind die westlichen Schrägseiten konkav eingebogen; zwischen ihnen stößt der Turm an, wie ein nebensächliches Anhängsel, aber die Bürger wollen ihn nicht missen. Denselben einheitlichen ernsten Eindruck wollte man auch im Inneren walten lassen; es ist ein einziger übergroßer Saal mit zahllosen Sitzplätzen, namentlich auch auf den doppelten, ringsherum gezogenen, zum Teil unendlich weiten Emporen. Diese bedrängten den Raum, an Schönheit und Zier ist hier nichts vergeudet, und so wird die Kühle und Trockenheit zur Nüchternheit, zumal da auch Farbe noch fast ganz fehlt. Ganz bescheiden sind selbst die Stuckarbeiten an der Decke, von dem Itzehoer Sötje gefertigt. Doch eine Uhr an dem immerhin stattlichen Altarbau bringt uns überraschende Kunde, dass der Geist der Zierlichkeit und feiner Schönheit eine Stätte suchte und gerne eingedrungen wäre. Den wahren Sonnin erkennt der, der sich in den Dachboden hinauf gezwängt hat und die Verbindung des Holzwerkes staunend besieht.“
„Die Kirche von E.G. Sonnin, 1775 -1780, ist“, so die Kunst-Topographie Schleswig-Holsteins des Landesamtes für Denkmalpflege, „eines der Hauptwerke des protestantischen spätbarocken Kirchenbaus nördlich der Elbe,520) ein Backsteinbau über dem Grundriß eines langgestreckten Achtecks, mit rustiziertem Sockelgeschoss, rustizierten Eckpilasten und großen, die Wandflächen auflösenden Rundbogenfenstern. Darüber ein Walmdach. Betonung der Langseite mitten durch flache Risalidte mit pilasterfflankierten Portalen. Achteckiger Westturm mit spitzem Helm, im Kern vom Vorgängerbau, durch konkav einschwingende Schiffswände mit dem Hauptbau verbunden. Innen: der Raum unter Spiegelgewölbe mit einheitlicher Einrichtung. Im Westen eine tiefe zweigeschossige Hufeisenempore, ihr gegenüber im Osten eine zweigeschossige Logenemporenfront mit Kanzelaltar.“
Entstanden ist eine ausgesprochen evangelische Predigtkirche. Brennpunkt der langegestreckten Ellipse ist die Kanzel; von jedem der gut 2000 Sitzplätze aus ist der Prediger auf der Kanzel zu sehen und auch infolge der ausgezeichneten Schallverhältnisse der Kirche aufs deutlichste zu hören; kein Pfeiler, kein Mauervorsprung, kein Ausbau hindert den Blick oder stört den Klang. Es ist ein großer Versammlungssaal der evangelischen Gemeinde.521)
Und diese Kirche war während des Hauptgottesdienstes erfüllt von der Gemeinde, die gekommen war auch, um die gewichtigen Erlasse und Verfügungen von der Kanzel zu erfahren, aber gewiss nicht nur aus diesem Grunde, auch wenn manche Predigt ermüdend lang sein mochte wie die des Valentin Michaelsen, von der Schumachers scharfe Feder berichtet: „Wenn er auf die Kanzel trat, machte er in einer halben Kreisbewegung eine tiefe Begrüßung der Gemeinde und predigte nun wenigstens 1, oft 1 ½ Stunden mit kräftiger Stimme aber flauem Inhalt, so dass die meisten das Amen für den interessantesten Part der Rede hielten. In der Länge der Rede lag ihm die Feierlichkeit, und an hohen Festtagen predigte er 2 Stunden, am Karfreitag 2 ½, und es war ihm sein Triumph, dann matt und erschöpft in seinen Stuhl zurückzusinken, um sich von der Anstrengung zu erholen.“522)
Die Schulden, welche sich die Gemeinde beim Bau der Kirche aufgeladen hatte, trug man ab, indem man den achtfachen Kirchenschoß einzog, immerhin mit dem Ergebnis, dass sie 1799 schon soweit abgetragen waren, dass man damals zum alten vierfachen Kirchenschoß zurückkehren konnte. Einer der Hauptvorkämpfer für den Neubau der Kirche im Magistrat, der berühmte Stadtsekretär und 2. Bürgermeister Hinrich Peter Ploen (der Ältere), dessen Aufzeichnungen wir so viel an Einblicken in die Verhältnisse der Stadt verdanken, hat die Vollendung des Baus nicht mehr erlebt, er starb 1779. Nachfolger im Amte wurde sein Sohn Johann Gottlob Ploen (der Jüngere) bis zu dessen Tode 1793. Geblieben war ein Schandfleck inmitten der Gemeinde. Das war der „Alte Kirchhof“ rund um die Sonninkirche herum, der seinen Namen noch bis zum Jahre 1859 behalten sollte.523) „Es war wirklich ein Kirchhof, d.h. ein Begräbnisplatz, der auch dann noch zu Beerdigungen namentlich von in Wilster untergebrachten Soldaten und ihren Angehörigen benutzt wurde, als der Neue Kirchhof, der jetzige Stadtpark, schon längst der Gemeinde als Friedhof diente“. Noch 1814 wurde ein Soldat auf diesem Alten Kirchhof unmittelbar neben der Kirche beerdigt.524) „Frische Hügel gestorbener Soldaten oder ihrer Frauen und Kinder reihten sich an alte, gepflegte, aber auch an längst eingesunkene und eingeebnete. Auch ein Brunnen befand sich darauf, den Jürgen Scheel noch 1808 reinigen musste.--- Das Grab gehörte dem Organisten, der es verpachtete. Es kam vor, dass die Pächter Gänse und Schafe, Pferde und Schweine darauf grasen ließen, bis es die Kirchen-Hauptleute untersagten. Unkraut und Buschwerk wucherte an vielen Stellen üppig hervor, so dass der Kirchenknecht beauftragt werden musste, die Nesseln dort abzumähen, wozu Tage nötig waren. So war der Platz in einem Zustande, der unserer Stadt, in deren Mittelpunkt er lag, nicht zur Zierde gereichte.“
Ganz anders der Neue Kirchhof. Der junge Ploen meint von ihm: „Der neue Kirchhoff ist gewis von einem menschenfreundlichen Prälaten angelegt, damit er seinen Untergebenen den Tod versüßte.“ Hier wollte er selber beigesetzt werden, was denn auch 1793 geschehen ist. Gregorius Culemann meint von ihm schon 1728 in seinem Denkmal der Wasserfluten: „Ein schöner Kirchhof, der in Holstein seines gleichen wol nicht haben mag, nicht allein wegen seiner viereckigten Lage, sondern auch insonderheit wegen der guten Erde, in welcher fast nicht ein einziger Stein zu finden, denn auch wegen die um dieselben herum gepflanzten grünenden Linden. Haben also auf demselben die in dem Herrn Entschlafenen eine gute und gleichsam lustige Ruhestätte. Sie ruhen in ihren, obwohl finsteren, doch lustigen Kammern. Es 57,27.“ Schumacher gibt in seinen Genrebildern an, dass er „auf dem umgebenden Rande gepflastert war“.525)
In der Folgezeit änderte sich auch auf dem Alten Kirchhof allmählich eines zum Besseren. Freilich blieb alles zunächst unter „Amt Steinburgischer Jurisdiktion“, und Kirchenhauptleute und Geschworene achteten sorgsam über ihre Rechte. Die beiden Stadtdiener durften hier wohl die Aufsicht führen, hatten jedoch keine rechtliche Handhabe. Wenn also, so Ploen der Ältere, jemand „etwas verbrochen hätte und arretiert werden sollte, wenn er sich dahin retirierte, und wir so sehr bedenklich wären, ihm dahin zu folgen gleichsam Haschemännschen mit uns spielen könnte.“ Immerhin gab es seitens der Kirchenvertreter einiges Entgegenkommen. Nach Fertigstellung der Sonnin-Kirche zog man die Einfriedigung im Süden und Westen etwas ein, wodurch ohne dass sich an den Jurisdiktionsgrenzen etwas änderte, die Straßen rundum breiter wurden. In die Pflasterung, die hier erfolgte, ließ man blaue Steine einfügen zur Kennzeichnung der Grenze. Diese Pflasterung erfolgte durch die Kirche. Als um 1800 die Stadt ihre Straßen völlig neu pflasterte, ersuchte sie die Regierung um Übertragung des gesamten freigewordenen Raumes bis zur neuen Einfriedigung. Die Kirchenvertreter waren gegen kostenlose Hergabe, forderten Ersatz für Pflasterung, auch für den Verlust an Standplätzen beim Markt (Pferdemarkt und Jahrmarkt verlagerten sich mehr und mehr auf den Platz um die Kirche herum), was die Stadt bestritt, da der Markt ein städtisches Recht sei, auch früher hier niemals Markt gewesen sei. Eine kgl. Entscheidung vom 26.8.1802 übereignete dann den Platz bis an die Planken der Stadt, und am 31.3. 1803 wurde der Platz „feierlichst in Besitz genommen“. Als dann die Einfriedigung wieder morsch geworden war, die Kirchenvertretung die Kosten für eine neue scheute, kam es 1815/16 zur Einigung. Die neue Einfriedigung erfolgte unmittelbar um die Kirche herum durch 74 Steine, die mit Ketten verbunden waren. Der Kirchendiener hatte die Ketten während des Gottesdienstes zu schießen. Die endgültige Übertragung des Platzes bis zu dieser neuen Eingrenzung erfolgte am 26.4.1817. Die Kastanien um die Kirche sollen Mitte des 19. Jahrhunderts von Hauptpastor Hansen gepflanzt worden sein. Sie wurden erst 1896 der Stadt überlassen.526) Schließlich sei in diesem Zusammenhange erwähnt, dass 1807 das Hauptpastorat in der heutigen Form im Stil des Klassizismus neu erstanden ist.527)
Auch während der 2. Blütezeit der Stadt ab Mitte des 18. Jahrhunderts bis ins 19. Jahrhundert hinein hat es hier Familien mit sehr großem Wohlstand gegeben. Der Handel ließ diesen Reichtum verschiedener Familien erstehen. Dabei ließ eine Familienpolitik, ließ eine Kette von Erbfällen das Kapital in einigen wenigen Händen sich kumulieren. Diese Wohlhabenden waren zugleich die Bankiers der Marsch. Die Zinseneinnahmen mehrten ihren Besitz also noch weiterhin. „Gegen Ende des 18. Jahrhunderts - - - ist die Zeit“, schreibt W. Jensen, „in der der Wohlstand der kleinen Stadt vor allem in den führenden Familien ständig zunahm. In ihr wohnten die kapitalkräftigsten Geldgeber der Marsch. Sollte irgendwo ein Kirchenbau aufgeführt oder eine Schleuse erneuert werden, so wurde bei den Michaelsen oder der Doos in Wilster angeklopft und von ihnen eine Anleihe erbeten. Ihnen verdankt die Stadt es mit, dass zu dem Neubau der Kirche der tüchtigste Kirchbaumeister seiner Zeit herangeholt wurde, der dann auch ihnen selbst ein Anstoß wurde, die kostbaren Bürgerhäuser und Gartenanlagen zu schaffen, die uns heute noch als wertvollste Erinnerungen aus jener kunstreichen Zeit grüßen“.528) Die Entwicklung so eines Kaufmanns- und Bankiershauses in geschäftlicher Hinsicht kennen wir leider nicht, dafür gibt es keine Grundlagen im Wilsterschen Archiv. Wir können nur aus etlichen Zufallsfunden aus Akten, gesammelt in ganz anderem Zusammenhang, einiges entnehmen. Auch ist die Stadt Wilster ja der Erbe gerade seiner reichsten Bürger geworden. „Es dürfte kaum eine zweite Stadt in Schleswig-Holstein geben“, meint H. Schulz, „die so häufig zum Erben eines großen Vermögens eingesetzt worden ist, wie die Stadt Wilster. In der Regel handelt es sich dabei um eine aussterbende Familie, die auf diese Weise ihren Namen unvergessen machen wollte“.529) H. Schulz hat in mühevoller Arbeit die verwandtschaftlichen Verbindungen unter diesen führenden Wilsteraner Geschlechtern aufgedeckt, ganze Stammbäume zusammenstellen können.530) Dabei ging es vor allem um die Familien Breide, Sommer, Hövelmeyer, Doose und Michaelsen, denen wir uns zuwenden müssen.
Am Anfang jener Reihe von reichen Bürgern, deren Erbe dann die Stadt Wilster antrat, steht eine junge Frau, die schon mit 28 Jahren den Blattern erlag, Margreta Dorothea Sommer.531 Die Familie Sommer gehörte zu jenen Juristenfamilien, welche sich in Wilster nießerließen und schon bald mit den angesehenen Familien versippt und verschwägert waren. Johann Sommer kam 1656 in die Stadt, heiratete die Tochter des Bürgermeisters Albert Pranger und kam zu Grundvermögen. Sein Sohn war der Justizrat Dr. Johannes Matthias Sommer. Sein Schwiegervater (erster Ehe) war der Dr. Johannes Rehder, Eigentümer eines Grundstückes, das wohl schon immer im Besitze führender Geschlechter der Stadt gewesen zu sein scheint, das schon 1408 als „Borchwurt“ erwähnt wurde im Alten Ratsbuch. Das umfangreiche Grundstück, dessen Erbe nach Dr. Rehders Tod 1678 der Dr. Sommer wurde, schloß sich im Nordwesten am Kirchplatz unmittelbar an das Hauptpastorat an und reichte bis an den Burggraben. Dr. Sommers Tochter aus dieser 1. Ehe, Anna Christ. Heiratete den Vertreter einer anderen angesehenen Wilsterschen Familie, Nikolaus Breide. Dr. Sommer heiratete in 2. Ehe Maria Margareta Hövelmeyer, ebenfalls aus alter ratsfähiger Familie, die gleichfalls die 2. Ehe einging. In erster Ehe war sie mit Joachimus Doose, einem Aktuar, aus Stade, verheiratet, der ebenfalls einer Familie entstammte, die für Wilster schon damals bedeutsam war und es in noch größerem Ausmaße werden sollte. So war die Familie Sommer mit den reichen und führenden Familien der Stadt Pranger, Rehder, Dorn, Hövelmeyer, Doose, Breide, Piening, Stindt und Bojen verwandt.532) Der Sohn aus 2. Ehe und Erbe des wohl 1717 verstorbenen Dr. Sommer ist Dr. Matthias Joachim Sommer, der es bis zum 1. Bürgermeister der Stadt brachte, das Grundstück am Kirchplatz durch Kauf von den anderen Erben erwarb und dieses Anwesen prächtig ausbaute. Da gab es Wohnhaus und Stall, Orangerie und den Garten mit „Poppen“, mit Statuen, drin. Auch erweiterte er den Garten schon über den Burggraben hinaus, über den ein Steg führte. Der Bürgermeister starb 1748, seine Frau folgte ihm 1750 nach, Erbin wurde erst 26 Jahre alt die Tochter Margaretha Dorothea Sommer, Alleinerbin eines Mannes, der als angesehenster und reichster Bürger Wilsters galt. Sie aber starb schon 1752.
Stadtsekretär Ploen schildert den tragischen Tod: „Die Blattern, eine Krankheit, die entweder den Tod nach sich zieht oder die die schönsten Gestalten der angenehmsten Bilder verdirbt, meldeten sich durch unfehlbare Kennzeichen, und es dauerte nicht lange, so hatten sie sich über den ganzen Leib, vorzüglich aber im Gesicht aufs fürchterlichste ausgebreitet. So groß die Hoffnung war, die sich anfänglich zu ihrer Genesung zeigte, so geschwind wurde sie durch einige veränderte Zufälle erstickt. Noebling, der zu seiner Zeit so geschickte und erfahrene Arzt, wandte zwar alle Mittel zu ihrer Hülfe an, die nur eine menschliche Kunst und Vorsicht zu gebrauchen vermögend ist, aber sie waren zu schwach, ein Urteil zu ändern, das im Rat des Allerhöchsten auch Unveränderlichen von Ewigkeit her unterschrieben war. Sie sollte sterben, die so hoffnungsreiche Jungfer, sie sollte ihren Lauf vollenden in der besten Blüte ihrer Jahre, und sie ward auch ein Raub des Todes, da sie kaum das 28. Jahr ihres Alters erreicht hatte. Kurz vor ihrem Ende aber stiftete sie sich hier ein Denkmal, das nie vergehen wird. Neben vielen wohltätigen Stiftungen hat sie der Kirche 20 000 Mark gestiftet.“533) Das hat zum Plan eines Kirchenneubaus nicht unerheblich beigetragen. Haupterbe des Vermögens wurde die Familie Doose, Haus und Garten aber kamen an den Vetter Dr. Martin Breide, von dem es, nach dessen Tode 1756, an Johann Diederich Michaelsen kam. (Außer den 20 000 Mark an die Kirche kamen noch weitere 3000 Mark ans Gasthaus Wilster, ebensoviel an das von Krempe.)
Einen Einschnitt in die segensreiche friedliche Entwicklung bedeutete die Französische Revolution 1789. Kriege erschütterten den Kontinent, in denen die französischen Heere ihre Ideale über den Kontinent verbreiteten, bald wurden Eroberungskriege daraus. Die Persönlichkeit des Generals Bonaparte, späteren Kaisers Napoleon, wurde für gute 2 Jahrzehnte bestimmend für den Kontinent. Hauptgegner, einziger Gegner, den Napoleon nicht zu besiegen vermochte, war Großbritannien, welches vielmehr mehr und mehr die Seeherrschaft zu erringen vermochte. Unversöhnlich standen sich eine englische Seemacht und eine französische hegemoniale Landmacht gegenüber. Diesem Gegensatz hat sich auf die Dauer trotz aller Bemühungen auch der Dänische Gesamtstaat nicht entziehen können. Er versuchte es längere Zeit und zunächst auch mit einigem Erfolg mit einer Neutralitätspolitik. Empfindlich war er als Seemacht vor allem gegenüber den Auseinandersetzungen auf dem Meere. Hier war auch die kleine blühende „Seestadt“ Wilster sehr betroffen. Die Niederlande fielen schon 1795 in die Hände der Franzosen. Für die Briten waren sie damit Feindesland; schlimm für eine seefahrende Nation, wie es die Holländer waren. Etliche Reeder und Schiffer suchten, um weiterhin ungestört ihrem Gewerbe nachgehen zu können, Zuflucht im neutralen dänischen Staatsgebiet, ließen sich hier z.B. in Wilster nieder. Für die Zeit von 1793 bis 1802 stellte Herbert Karting folgendes fest: „Eine erstaunlich große Zahl von Kaufleuten und Reedern hat sich in Wilster niedergelassen, die von hier aus schwunghaften Handel bis weit nach Übersee betrieben.“548)
In der Tat ließen in diesen Jahren Reeder von Wilster aus Schiffe auf große Fahrt gehen wie nie zuvor. Da gab es Nicolai Huus mit seiner „Fraw Catharina“, Henricus Kracht mit der „De Vrouw Margaretha Elisabeth“ auf Bergenroute, Jochim Möller mit „Die Drey Gebrüder“, Kapitän Jacob Früchtenicht, auf London-Fahrt, Claus Huus besaß in „Dirk und Henrich“ ein Schiff mit 26 Commerzlasten, das 1796 eine Reise Tönning-London-Bayonne machte. Die „Vrouw Fokje“ des Holländers Jan van Dam hatte 17,5 Commerzlasten aufzuweisen. Gar 33 Commerzlasten hatte die „Wohlzufrieden“, die Lucas van Steveninck schon 1793 von Wilster aus bereederte; 1796 fuhr sie unter Kapitän Thomas John Thomsen zwischen Riga und Amsterdam. Derselbe Reeder hatte dann noch ab 1796 die „Löwenborg“ (47 Commerzlasten) für die Route Middlesborough-Barcelona und die Brigg „Hoop en Zorg“ (46 Commerzlasten), die auch aus Holland stammte und unter dem norwegischen Kapitän Rasmus Thiemann, der auch „seit einigen Jahren“ in Wilster wohnhaft war, fuhr.
Dieser „Hoop en Zorg“ unterlief nun 1796 ein für Reeder Lucas van Steveninck und seinem Kapitän bitteres Mißgeschick, welches aufzeigte, dass auch Neutralität keine Freiheit der Meere mehr garantierte.549) Das Schiff wurde, obwohl mit den nötigen die Neutralität nachweisenden Papieren versehen, auf der Reise von Amsterdam nach Surinam kurz vor dem Erreichen des Bestimmungshafens von einem britischen Kaper aufgebracht worden und nach der Insel St. Christopher verbracht, wo Schiff und Ladung, die Reeder und Kapitän in Amsterdam „für eigene Rechnung, Vortheil und Risico geladen“, unter Nichtbeachtung der Schiffspapiere durch Urteil vom 22.3. 1797 beschlagnahmt wurden. Der Reeder sollte binnen Jahresfrist nachweisen, dass er dänischer Staatsbürger und Schiff und Ladung sein echtes Eigentum seien. Darum bemühte er sich beim Wilsterschen Magistrat, worauf das im Archiv vorliegende Protokoll zurückzuführen ist. Diesen Nachweis zeitgerecht zu erbringen, dürfte dem Reeder gewiß schwer gefallen sein, womit man im fernen St. Christopher sicherlich rechnete.
Die Überseeschifffahrt nahm nach diesem Zwischenfall beständig ab. Im Jahr 1799 waren noch 4 Schiffe auf großer Fahrt, nämlich „De Frouw Margaretha Elisabeth“ des Henricus Kracht (10 Commerzlasten), „De Vrouw Bore“ (17,5 Commerzlasten) des Eppe Jan van Dam, „De Hoop (18,5 Commerzlasten) des Herman Jans Krayer und schließlich die „Dirk und Henrich“ mit 26 Commerzlasten des Claus Huus. Und 1802 fuhr nur noch „De Frouw Fokje“, die ehemalige „De Vrouw Bore“ des Jan van Dam. Die Stadt stellte Schiffszertigikate aus in lateinischer, englischer und französischer Sprache. Aber die Zeit dänischer Neutralität lief aus. Das Land war kontinental dem Zugriff Frankreichs ausgesetzt, daher erpressbar, daher für die Briten ein potentieller Gegner.
Als die Dänen versuchten, sich mit anderen Staaten zu einem Neutralitätsbund zusammen-zuschließen, griff ein britischer Flottenverband unter Admiral Nelson am 2. April 1801 die dänische Flotte vor Kopenhagen an, von der ein großer Teil zusammengeschossen wurde. Dänemark trat daraufhin aus dem Neutralitätsbund aus. Über diesen Angriff ohne Kriegserklärung war man in Wilster, wo man wusste, dass von nun an eine uneingeschränkte Kontrolle der See durch die Briten folgen werde, hochgradig empört. Es erfolgte ein Aufruf des Magistrates zu einer Geldsammlung für die auf der Reede von Kopenhagen verwundeten Seeleute. Sie ergab den hohen Betrag von 447 Rthlr. 39 Sch. Davon waren allein vom Kanzleirat Doos 300 Rthlr. . Kronprinz Friedrich, der für seinen schwachsinnigen Vater die Regentschaft ausübte, dankte mit einem Handschreiben: „Durch den eingesandten Beitrag zur Pflegung der verwundeten Vaterlands-Verteidiger haben die Bewohner der Stadt Wilster einen neuen Beweis ihrer guten patriotischen Gesinnungen gegeben. Ich kann dem Vergnügen nicht entsagen, Ihnen und allen den edelmütigen Beitragenden hiedurch Meinen Dank dafür zu sagen. Friedrich. Kopenhagen, den 25.sten 1801“.549)
Wie betroffen Wilster durch die Ereignisse in den Gewässern rundum gewesen sein musste, geht daraus hervor, dass Wilster 1804, nach der Hochseeschifffahrtsepisode, immerhin 9 Schiffe von 2-10 Tonnen Last und 29 sog. „Stadtkähne“ für die Au vor allem besaß. Diese Stadtkähne waren etwa „50 Fuß lang, und oben ungefehr 10 und im Bug ungefehr 6 bis 7 Fuß breit“, sie trugen etwa „25 bis 30 000 Pfund“. Die Zahl der Schiffer älter als 16 Jahre betrug 70, die Zahl von deren 1-16 Jahre alten Söhnen 37.
Der dänische Staat begann nun eifrig zu rüsten. Eine Art von allgemeiner Wehrpflicht bestand schon, allerdings nur für die Landbevölkerung. Wilsters Jugend wurde nun bezeichnenderweise für Dienst in der Marine vorgesehen, wurde „enrolliert“. Solche erfasste Jugend durfte nicht auf große Fahrt gehen, dafür waren nur „freie“ Seeleute vorgesehen. 1805 bestand Kriegsgefahr, in Europa war der 3. Koalitionskrieg. Dänemark brachte seine Streitkräfte auf Kriegsfuß, für Wilster aber war die Zeit ohne militärische Einquartierung nun vorbei. „Kein einziges Individuum“ solle von der Einquartierungslast frei sein, so hieß es 1806. 1806/1807 lag das Jütische Infanterie Regiment mit Teilen in der Stadt, 1807 war das „Seeländische Jägerkorps“ in derselben.
Im August 1806 hörte das Römische Reich Deutscher Nationen zu bestehen auf. Am 9. September 1806 wurde darauf das Herzogtum Holstein „als ein in jeder Beziehung völlig ungetrennter Theil“ der dänischen Monarchie angegliedert. Nun wurde das Obergericht in Glückstadt als „Königlich Holsteinisches Obergericht“ zum höchsten Gericht für ganz Holstein gemacht.550)
Im selben Jahre setzte sich der Kaiser Napoleon im Preußischen Kriege in ganz Norddeutschland durch. Eine Neutralität konnte Dänemark nun nicht mehr länger behaupten. Die Briten überfielen am 2. – 7. 9. 1807 die Dänen vor Kopenhagen und nahmen ihnen ihre Flotte weg, worauf Dänemark am 31. 10. Ein Bündnis mit den Franzosen schloss und sich der sogenannten Kontinentalsperre gegen England anschloss, welche besagte, dass der Kontinent Europa für britische Waren gesperrt war. Die Folgen waren gerade für eine Stadt wie Wilster weitreichend. Alle Schiffe sollten zu Hause bleiben, „weil sie sonst ein Raub des Feindes werden würden“.551) Sämtliche ungenutzten Boote mussten an 1 oder 2 Stellen an Land zusammengefasst werden. Alle Transitwaren waren auf englische Herkunft hin zu untersuchen. Zur Abwehr ev. brit. Landungen wurde aus allen Bürgern der Westküstenstädte eine Küstenmiliz gebildet. Ihr Oberbefehlshaber saß in Wilster. Die Briten besetzten schon im September 1807 Helgoland und betrieben von hier aus regen Schmuggel mit ihren hochbegehrten Waren. Vom 7. – 15. Oktober 1808 hatte die Stadt Einquartierung von (verbündeten) Franzosen. Es sollte für die Stadt die einzige bleiben. Auch blieb in den folgenden kriegerischen Zeitläuften das Land von Kampfhandlungen wie bisher verschont. An Aufregung und finanziellen Lasten fehlte es freilich nicht. Der „hiesige Kirchthurm“ wurde ab 1809 „mit zwey Wächtern Tag und Nacht“ besetzt, bei Gefahr eines Überfalls sollten die Kirchenglocken läuten. So blieb es bis 1812, wo dem Kaiser Napoleon in Rußland das Kriegsglück verließ. Der versuchte Frontwechsel missglückte dem dänischen Staat. Nach der Völkerschlacht von Leipzig (Okt. 1813) wurde zudem immer klarer, dass der dänische Gesamtstaat nicht ungeschoren aus dem Kriege hervorgehen würde, zudem näherten sich unter dem schwedischen Kronprinzen Bernadotte nunmehr die Invasionstruppen (Schweden, Russen und Deutsche).
Während der eine Teil die dänische Hauptmacht auf Rendsburg zurückdrängte, wandte sich ein anderer Truppenverband der Festung Glückstadt zu, die zu Lande und zur See eingeschlossen und nach einer Bombardierung zur Kapitulation gezwungen wurde, nämlich am 5. Januar 1814.552) Es war das letzte Mal, dass so die Elbmarschen zum Kriegsschauplatz wurden, dass auch Wilster noch einmal in dieselben einbezogen wurde. Am 14. Dezember 1813 besetzten Kosaken die Stadt, ließen die Bürger ihre Waffen abgeben und holten sich, was sie in der Kürze der Zeit erlangen konnten. Sie zogen noch am selben Tage weiter.553) Requirierung auf Requirierung folgten einander in der Folgezeit: „Größte Schnelligkeit bey Ausführung rettet vor der Selbstgewalt“ oder die Auflage sei zu erstellen „ohne den mindesten Aufenthalt“ oder sie sei zu leisten „bey militärischer Exekution“, so heißt es immer erneut. So sind zu liefern am 20. Dezember: 1000 Pfund Reis, 2000 Pfund Käse, 1000 Pfund Butter, 50 Tonnen Gerstengrütze, 50 Tonnen Graupen, 500 Pfund Licht, 50 Tonnen Salz, 10 Oxhöft Essig, 50 Tonnen Weizenmehl, 2 Oxhöft roten und 2 Oxhöft weißen Wein. Und weiter als Zusatzforderung: 30 000 Pfund Schwarzbrot, 1000 Pfund Rauch-Tabak, 3 Anker Rum, 6 Anker Madeira-Wein, 25 Tonnen gelbe Koch-Erbsen, 2 Tonnen Salzhering, 50 Tonnen gutes Bier“. Dabei requirierten alle Truppenteile für sich und in Konkurrenz zu einander. Da war der russische General Woranzew, der Wilster zu seinem „Distrikt“ zählte, dann forderte auch der ebenfalls russische General Wllmoden, der sich unter anderem des Amtmannes Ahlefeld-Dehn bediente, dann gab es Schweden, ein deutsches Husarenregiment aus Hohenwestedt forderte dazwischen 75 Tonnen guten Hafer zu liefern „bey militärischer Exekution“, natürlich einschließlich der dazu benötigten Fuhren. Die geplagte Stadt übertrug das ganze Requisitionswesen vier Bürgern unter einem fünften als Rechnungsführer, weil man offenbar Rat und Achtmännern, die sie als überalterte Dummköpfe bezeichneten, nicht traute. Flehentliche Bitten, die Forderungen in dem Leistungsvermögen der Stadt gemäßen Grenzen zu halten fruchteten wenig. Man bat auch um Klarheit, wem man zu liefern habe. So ersuchte man, man möge schriftlich festsetzen, dass man nur an eine bestimmte Stelle liefern solle. „Allein“, so erläuterten Wilsters Vertreter am 22. Dezember,“ von allen Seiten werden wir durch Requisitionen gedrückt, bald fordert der eine, bald der andere, jeder will in Wilster haben, und jeder will Wilster zu seinem Distrikt ziehen. „Zuletzt setzte Bernadotte, Kronprinz von Schweden und Befehlshaber der alliierten Nord-Armee für das eroberte Holstein eine „provisorische Verwaltungs-Commission“ ein, der ein Verzeichnis aller für Heereslieferungen verwendbarer Sachen vorzulegen war. Diese Liste wurde erstellt, und so erfährt man denn, dass Wilster hatte damals: 59 Ochsen und Kühe, die keine Milch geben, Gewicht 27 450 Pfund; 79 Milch gebende Kühe, Gewicht 37 750 Pfund; 30 Schweine mit zu. 2450 Pfund; 34 Pferde (ein Zeichen dafür, wie gering Landfuhren für die Stadt waren) und 14 Wagen. Dann kam das Getreide: 264 Tonnen gedroschenen Weizen, 45 Tonnen Roggen, 180 Tonnen Gerste, 12 Tonnen Buchweizen, 775 Tonnen Hafer, dazu noch 12 360 Pfund Heu, 4600 Pfund Stroh. In einer zweiten Liste geht es weiter: 4 ½ Tonnen Wein bei den beiden Weinhändlern der Stadt, Kornbranntwein 11 Tonnen (43 ½ Tonnen waren schon geliefert worden). Und so geht es weiter über Erbsen, Bohnen, Kartoffeln, Grütze und Graupen, Leder und Häute, fertige Stiefel, Tuch, aufgeteilt in grobe Leinwand zu Säcken, zu Hemden, fertige Hufeisen, Stangen Eisen, Steinkohlen, die hier seit Jahren gar nicht vorhanden gewesen, Holzkohlen, Torfkohlen, Föhren-Balken und Bretter. Zu allem gibt die Stadt interessante, für die wirtschaftlichen Verhältnisse in der Stadt bezeichnende Aufgaben. Bis zum Jahresbeginn hatte Wilster Lieferungen für einen Wert von 8685 ½ Rthlr. Aufzubringen, vorher noch für die Dänen, zusammen 10 212 rthlr. Jetzt hatte es Anfang des neuen Jahres weitere 1600 Rthlr. Aufzubringen, schaffte jedoch nur noch 1000 Rthler. Weitere Gelder behielt man zurück, damit die Handwerker sofort ihr Geld erhielten. Die Kanzleirätin Doose brachte allein 1800 Rhthler. auf. Am 14.1. 1814 wurde in Kiel dann der Frieden geschlossen. Dänemark verlor Norwegen an die Schweden, erhielt (auf Umwegen schließlich) dafür das kleine Herzogtum Lauenburg. Dänemark war nun kein Feind mehr, war nun Verbündeter der Alliierten, welche im Lande verblieben, da die Franzosen Hamburg, das besonders harte Tage durchmachen musste damals, als Festung zähe und rücksichtslos verteidigten. Am 26. Januar 1814 rückte ein sibirisches Ulanen-Rgt. In die Stadt ein, ein „verwildertes, völlig verlaustes Corps“. „Es finden militärische Requisitionen aller Art statt und unter Bedrohung von Exekutionen durch Uhlanen“, dazu gäbe es „Unordnungen allerley Art, Plünderungen und Nothzucht sind unzählige ……“, so eine Beschwerde vom 27. Januar. Am 29. Januar kam endlich ein dänisches Kommando hinzu, es wurde kaum besser. Die Große Stadtschule war Stall, Michaelsens Haus Wachstube, Lazarett und Schneiderstube. Am 6. Februar rückten die Russen ab. Jetzt waren 8000 Rthlr für die Belagerer von Hamburg aufzubringen, die man sich leihen musste. Für die Schuld stellten 15 Bürger einen länger laufenden Wechsel aus, Sicherheit für die Stadt gab Kanzleirätin Doose. Es gab bitteren Streit zwischen Rat, der andere Lösungsvorschläge gemacht hatte, und Bürgerschaft. Im Juli 1814 wurden dann „die Kantonementsquartiere der Kaiserlich Russischen Armee von Pohlen, unter Oberbefehl von General Graf Benningsen auf Wilster ausgedehnt wurden. Von Aug. bis Dez. 1814 lag dann das Orenburgische Ulanen Regiment mit 800 Mann in der stadt einquartiert. Ihr General Dujaskow wohnte bei Frau Kanzleirat Doose. Das Michaelsensche Wohnhaus wurde Lazarett. Es herrschte diesmal recht gute Ordnung. Das dänische Verbindungskommando unter einem Leutnant von Hansen war seiner Sache gut gewachsen. Damit war dann endlich das Ende der Besatzungszeit gekommen und am 9. Januar 1815 konnte sich der Rat bei Leutnant von Hansen „wegen seines ausgezeichneten, thätigen und jederzeit das Beste der Bequartirten und der Commune sorgfältig berücksichtigenden Benehmens“ bedanken.
Zurück blieben die hohen Ausgaben. Hierüber stellte die Stadt Wilster am 15. Oktober 1815 an die Deutsche Kanzlei in Kopenhagen einen Bericht auf, er war gegeben „über die wirtschaftliche Lage der Stadt nach dem großen Kriege.“ Kapitalforderungen der Stadt betrugen Ende 1812 433 Rthlr. 16 Sch.. Wegen der vom dänischen Staat ausgeschriebenen erzwungenen Anleihen wuchsen die Kapitalforderungen auf 11 317 Rthlr. 40 ¼ Sch. an. Die Summe sämtlicher Kapitalschulden betrug Ende 1812 10 216 Rthlr. 32 Sch. .1813 jedoch wuchsen die Schulden „durch die Zeitumstände“. Es „beträgt also“, es wird im Einzelnen belegt, wann und wieviel die Stadt schuldig bleiben musste, die Summe sämtlicher Schulden der Stadt bis jetzt 38 015 Rthlr. 34 ¾ Sch.. Guthaben hatte die Stadt durch Einnahmen aus Gebäuden, Häusergeldern usw. aus einer vermieteten Wohnung im Rathaus, in einer Wohnbude, im Wachthaus, dann aus den Böden „in dem im 4. Quartier Nr. 62 befindlichen Gebäude“, aus der Mädchen- und Vorbereitungsschule. Aber „von dem jetzt an die Stadt abgetretenen Hause des weiland H. Etatsrat Michaelsen hat die Stadt für jetzt noch keine Einnahme“. Dann gab es Landgebiet, das verpachtet war, zusammen 11 Morgen Landes (etwa 11 Hektar), dazu kam das Stadtmoor mit 50 Morgen Fläche. Die Stadt besitzt noch ein Stück Landes „am Ende zur Seite des zur Stadt führenden Steindamms“, weiter den Rosengarten als „Säge- und Zimmerplatz“, schließlich einen Gerber-Platz im Landrecht. „Das jetzt an die Stadt abgetretene Land des weiland Hr. Etatsrath Michelsen beträgt circa 1 ½ Morgen, der gleichfalls abgetretene Michelsensche Garten mag ungefähr ½ Morgen enthalten.“ Insgesamt betrugen „also jetzt die jährlichen Hauergelder 1034 Rthlr. 24 Sch.“ Eine große Beschwerde verschiedener Bürger gegen den Magistrat, besonders gegen „den Stadtsekretär“ Polemann, führte zu einer Untersuchung durch das Glückstädter Obergericht 1816. In dem 1818 gefällten Urteil stand der Magistrat im Allgemeinen völlig gerechtfertigt da, nur tiefgreifende Verstimmung und 172 Rthlr. Kosten waren die Folgen.“554)