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Frank Jung
Wer schon einmal mit dem Auto nach St. Peter-Ording gefahren ist, ist an dem Kleinod direkt vorbeigekommen. Am Ausgang des letzten Dorfs vor dem Nordseebad, Tating, liegt linkerhand dicht an der Bundesstraße der einzige Barockgarten an der Westküste, der Hochdorfer Garten. Er ist ein Aushängeschild für Freiheit und Reichtum der Bauern auf der Halbinsel Eiderstedt. Sie haben ihn im späten 18. Jahrhundert angelegt. Mit der grünen Prachtentfaltung eiferten sie Adligen in anderen Landesteilen nach, die ihre Herrenhäuser in ähnlicher Weise aufgewertet haben.
Auch in der Biografie von Margita Marion Meyer spielt der Hochdorfer Garten eine besondere Rolle: Das öffentlich zugängliche Areal ist das erste, das die einzige Garten-Expertin des Landesamts für Denkmalpflege praktisch betreut hat, um es dem Originalzustand wieder anzunähern.

Quartier mit lange verschwundenen Ostbäumen
Die studierte Landschaftsplanerin nahm dazu den Eigentümer, eine im Dorf ansässige Stiftung, an die Hand. Unter anderem wurden zwei Lindenalleen mit historisch überlieferten niederländischen Baumarten nachgepflanzt. Ein Quartier mit lange verschwundenen Ostbäumen erstand wieder auf. Man besserte Wege aus und regulierte die Wasserführung. Sogar eine zur Zeit der Romantik angelegte malerische Ruine konnte saniert werden. Zuschüsse aus dem „Bingo-Lotto“ und von der lokalen „Aktivregion“ aus deren Fördergeldern für die ländliche Entwicklung halfen dabei.
Es ist ein typisches Beispiel für eine Entwicklung, die vielerorts in Schleswig-Holstein ein vergessenes Stück Kulturgeschichte wieder sichtbar gemacht hat: Seit 30 Jahren gibt es im nördlichsten Bundesland offiziell eine Gartendenkmalpflege. So lange existiert Meyers Stelle als Dezernentin im Landesamt für Denkmalpflege in Kiel.

Ob die Rekonstruktion der einst fürstlichen Parks von Schloss Gottorf und Eutin oder die Neu-Interpretation des Schlossgartens in Husum – Projekte an solch besonders prominenten Standorten hat Meyer ebenso begleitet wie an Herrenhäusern wie Hagen (Kreis Plön), Jersbek (Kreis Segeberg), Wotersen und Steinhorst (beide Herzogtum Lauenburg). Friedhöfe wie etwa in Glückstadt oder Stadtparks zählen gleichermaßen zu ihrem Tätigkeitsfeld, sei es der Kieler Schrevenpark, der Bürgermeistergarten in Wilster (Kreis Steinburg), der Harry-Maaß-Garten im Skulpturenpark der Neumünsteraner Gerisch-Stiftung oder der Kurpark Malente.
Traditionell war Denkmalpflege fast ausschließlich Gebäudepflege. „Die ersten Denkmalschützer waren Kunsthistoriker, und der Kunsthistoriker ist der Bauhistoriker“, erklärt Meyer. „Vielleicht hat auch mit eine Rolle gespielt, dass Gärten anders als Baudenkmäler nichts Statisches sind“ – also stets ein Stück weit von der Vergänglichkeit bedroht.

Bis 1990 hatte das Landesamt für Denkmalpflege deshalb mehr oder weniger nebenbei nur 80 Gärten und Parks mit Denkmalwert erfasst. Inzwischen stehen rund 900 historische grüne Denkmäler unter Schutz. Das sind neben Gärten und Parks auch Friedhöfe, Anlagen an Ehrenmälern, Dorfanger, Alleen und Solitärbäume. „Nach 30 Jahren Bestandsaufnahme haben wir in etwa eine Verzehnfachung der geschützten Objekte in der Gartendenkmalpflege“, bilanziert Meyer. „Nur das, wovon man weiß, kann man schützen“, betont sie. „Es gibt jetzt eine weitverbreitete Sensibilität in der Denkmalpflege für Fragen wie: Ist da noch ein Garten, ein Ausblick oder ein Pflaster, das elementar zu einem Gebäude dazugehört?“ Das sei wichtig, denn die Expertin verdeutlicht: „Nur selten steht ein Haus einfach für sich allein da. Oft bildet es eine ästhetische Einheit mit der Umgebung.“
Eine zum 30-jährigen Bestehen erschienene Dokumentation, zu beziehen über das Landesamt für Denkmalpflege, zeigt auf 266 Seiten das Werden der Gartendenkmalpflege im Norden und Erfolgsbeispiele aus verschiedenen Regionen.

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Mit dem Fall der Mauer ging es los
Dass sich die Gartendenkmalpflege etabliert hat, liegt mit an gestiegener Sensibilität für die Natur und am Fall der Mauer. Man stellte fest, dass es diese staatliche Aufgabe in der DDR schon gegeben hatte und im Westen eine Lücke rund um dieses kulturelle Erbe bestand.

Der eigentliche Impuls in Schleswig-Holstein kam aus der „Denkfabrik“, mit der SPD-Ministerpräsident Björn Engholm Aufbruchstimmung in zahlreiche gesellschaftliche Bereiche brachte. Daraus wurde mit Hilfe der Kulturstiftung des Landes 1991 ein Forschungsprojekt zu Gärten in Schleswig-Holstein initiiert, angesiedelt am Kunsthistorischen Institut der Universität Kiel. Es lief mehr als zehn Jahre und untersuchte 100 oft im Dornröschenschlaf befindliche Objekte. Zur Betreuung des Forschungsprojekts kam Meyer 1991 zunächst für zwei Jahre auf eine befristete Wissenschaftlerstelle an der Uni. 1993/94 hatte Kultusministerin Marianne Tidick trotz massiver Finanzknappheit eine neue Stelle für Gartendenkmalpflege beim Land eingerichtet – Meyer konnte bleiben.

„Ich bin mit großer Rührung durch die Kulturlandschaft hier gefahren. Schleswig-Holstein hat in Westdeutschland die schönste“, ist sie bis heute überzeugt. Die studierte Landschaftsplanerin meint damit den Facettenreichtum aus Agrarflächen, Knicks, Wald, Gewässern, historischen Bauten, Alleen und eben Gärten – und wie alles miteinander verschmilzt.
Die Bestandsaufnahme schützenswerter Gärten, die Anleitung der Eigentümer zur richtigen Pflege, das Ingangsetzen von Erhaltungsmaßnahmen sowohl mit öffentlichen Mitteln als auch privaten Geldern: Dieser Dreiklang macht Meyers Tätigkeit aus. Sie betont, dass nicht Experten allein die Dinge voranbringen können: „Zum Bewahren braucht es vor allem eine Bevölkerung, die sich mit dem (Garten-)Denkmalschutz identifiziert.“ Froh ist Meyer deshalb darüber, dass vor zehn Jahren die Gesellschaft zur Erhaltung historischer Gärten in Schleswig-Holstein gegründet worden ist.

„Eigentlich benötigt man für jeden öffentlichen historischen Garten einen Verein, der sich kümmert“, stellt die Denkmalpflegerin fest. Als besonders positives Beispiel dafür nennt sie Probsteierhagen im Kreis Plön. Dort nehmen sich Ehrenamtliche der Aufwertung des Gutsparks am im Gemeindebesitz befindlichen Herrenhaus Hagen an.
Fragt man Meyer nach Wünschen, die offen geblieben sind, sagt sie: „Ich bedaure, dass es im Gegensatz zu anderen Bundesländern nie gelungen ist, eine Schlösserverwaltung für alle Standorte zu gründen.“ Das kostet ihrer Einschätzung nach Synergieeffekte, zum Beispiel bei der touristischen Vermarktung oder der Besetzung von Stellen mit Experten, die sich vertieft einzelnen Aspekten widmen könnten.
Als Herausforderung oder womöglich sogar „Bedrohung“, wie sie sagt, sieht Meyer eingeschleppte Pflanzenschädlinge, die es manch angestammtem Bewuchs in historischen Gärten schwer machen. Gleiches gelte für die steigenden Regenfälle im Zuge des Klimawandels, mit Folgen etwa für die Deckschichten der Wege in den Gärten.

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